Steueraffäre Liechtenstein:Diskreten Transfers auf der Spur

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Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen Mitarbeiter deutscher Finanzinstitute und Liechtensteiner Treuhänder.

Hans Leyendecker

Auch Ermittler haben manchmal Sehnsüchte und vor ein paar Jahren äußerte die Bochumer Staatsanwältin Margrit Lichtinghagen in kleinem Kreis einen Herzenswunsch: Wenn es die Unterlagen zuließen, sagte die Strafverfolgerin, würde sie ein Ermittlungsverfahren gegen die Treuhänder der Liechtensteiner Banken wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung einleiten.

(Foto: Grafik: SZ)

Der Wunsch wird in Erfüllung gehen und die Nachricht vom drohenden Unheil verbreitet sich schon im Fürstentum. Kunden der LGT-Group, die in den vergangenen Tagen von den Bochumer Fahndern heimgesucht wurden, reichten Durchsuchungsbeschlüsse in das Fürstentum weiter. In den Papieren steht, dass drei Liechtensteiner Treuhänder der so genannten Fürstenbank diskrete Transfers ermöglicht hätten. Sie sollen, so ist aus Bochum zu hören, ein Aktenzeichen wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung bekommen.

Da Liechtenstein in solchen Fällen keine Rechtshilfe leistet und die deutschen Fahnder vor Ort nicht ermitteln dürfen, droht den Treuhändern der Alpenrepublik besondere Gefahr. Wenn einer der drei nach Deutschland reisen sollte, könnte die Staatsmacht zupacken. Haftbefehle gibt es allerdings noch nicht.

Das Vorgehen erinnert an den Fall des Liechtensteiner Treuhänders Herbert Batliner, mit dessen Hilfe Milliardäre, Millionäre und sonstige Prominente einst via Stiftungen Geld in Liechtenstein gebunkert hatten.

Auch CDU-Größen hatten sich seines Stiftungsgeflechts bedient und illegale Parteispenden verschleiert. Gegen Batliner leiteten die Bochumer Ermittler vor Jahren ein Ermittlungsverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung ein, das am Ende gegen Zahlung einer Geldstrafe in Millionenhöhe abgeschlossen wurde. Obwohl der Treuhänder nicht zur Fahndung ausgeschrieben war, mied er, anscheinend aus Sorge vor einem drohenden Haftbefehl, lange Zeit den Besuch in Deutschland.

Ermittlungsverfahren gegen Bank-Mitarbeiter

In der neuen Affäre, die ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat, rückt jetzt auch die Rolle der Banken mehr in den Mittelpunkt. Ein Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft bestätigte am Donnerstag einen Bericht der Süddeutschen Zeitung, dass deutsche Bankmitarbeiter verdächtig seien, ihren Kunden bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben. Gegen sie seien Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Das Bankhaus Metzler bestätigte, dass gegen drei seiner Mitarbeiter ermittelt werde. Die Bank betonte, sie habe weder für sich oder Dritte in Liechtenstein Stiftungen errichtet oder Kunden in diese Richtung beraten.

Die Staatsanwaltschaft hatte in den vergangenen Tagen Razzien bei mehreren Banken durchgeführt. Einige Bank-Mitarbeiter sollen Kunden sehr gezielt zu Liechtensteiner Stiftungen beraten und bewusst bei der Steuerhinterziehung geholfen haben.

In einigen Fällen soll von Banken auch unter Verwendung von Codewörtern Geld auf liechtensteinische Konten überwiesen worden sein. Das Vorgehen erinnert an eine alte Affäre in den neunziger Jahren. Damals waren Steuerbehörden darauf gestoßen, dass viele Banken willfährige Helfer von Steuerhinterziehern waren. Gegen Mitarbeiter vieler deutscher Geldhäuser und Tausende von Kunden wurden damals Ermittlungsverfahren eingeleitet. Besonders gefährdete Mitarbeiter trugen stets die Telefonnummer eines Anwalts bei sich, falls eine Hausdurchsuchung drohte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Verfahren gegen den früheren Mitarbeiter einer Frankfurter Großbank die Regeln festgelegt. Banktypische Beratung ist demnach nicht strafbar. Wenn sich aber beide Seiten bewusst sind, dass es um Steuerhinterziehung geht, liegt eine Straftat vor: "Wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch sein Verhalten das Vorhaben des Haupttäters zu fördern", handele er vorsätzlich, hatte der BGH geurteilt.

Material unter dem Frisierspiegel

Der verurteilte ehemalige Bankmitarbeiter hatte nach der Aufdeckung des Falles, wie damals etliche Kollegen, mit den Ermittlern zusammengearbeitet. Viele waren aus Angst vor hoher Strafe hilfsbereit. Ein früherer Angestellter der Deutschen Bank Saar gab den Fahndern den Tipp, in der Material-und Kleiderkammer der Effektenabteilung nachzuschauen. Dort seien "unterhalb des Frisierspiegels" brisante Papiere versteckt worden.

Ein Maulwurf aus der Commerzbank-Effektenabteilung berichtete den Ermittlern, wie das Bankinstitut Kundengelder nach Luxemburg transportierte.

Im Jahr 2003 wurden die Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen insgesamt 30 Mitarbeiter der Commerzbank wegen Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung rechtskräftig abgeschlossen.

Das Kreditinstitut musste etwa 31 Millionen Euro an den Fiskus zahlen. Ein für den Privatkundenbereich zuständiger ehemaliger Vorstand erhielt eine Geldstrafe von rund 770 000 Euro. Angeklagt wurde keiner der Bank-Helfer. Das kann sich diesmal ändern.

Tendenziell gefährdet sind alle Spitzenleute der LGT-Group, die mit den Verschiebereien zu tun hatten. Unbesorgt reisen kann der junge Vorsitzende der LGT, Prinz Max zu Liechtenstein. Er hat zwar eine Wohnung in München, aber da er sein Amt erst 2006 angetreten hat, ist der frühere Leiter des deutschen Büros von JPMorgan Partners fein raus.

© SZ vom 22.2.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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