Springer-Chef Döpfner:Auf den Spuren von Axel Cäsar

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Der Axel Springer Verlag übernimmt Deutschlands größten Fernsehkonzern, die Pro Sieben Sat1 Media AG. Springer-Chef Mathias Döpfner macht damit den Traum des verstorbenen Verlagsgründers Axel Cäsar Springer wahr.

Caspar Busse und Hans-Jürgen Jakobs

Die Fotografen bitten die zwei Herren da vorn im Königssaal des Bayerischen Hofs, doch bitte aufzustehen. Das mache sich so schön vor dem gemeinsamen Firmenschild an der Wand.

Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner (vorne) und US-Milliardär Haim Saban sind beide zufrieden. (Foto: Foto: dpa)

Also steht der Zwei-Meter-Mann Mathias Döpfner, Chef der Axel Springer AG, prompt auf - und auch Haim Saban, der Mann aus Hollywood, erhebt sich. Der 1,75 Meter große Saban steigt lachend auf einen Stuhl und ist so ein bisschen größer als sein Verhandlungspartner.

Einmal will der Amerikaner den Deutschen überragen, doch Döpfner entzieht sich der Umarmung von oben. Der Verlagschef setzt sich schnell wieder hin, und so greift Saban ins Leere. Döpfner duldet niemanden über sich.

Der lächelnde Musikwissenschaftler

Der promovierte Musikwissenschaftler hat eine der spektakulärsten Transaktionen in der deutschen Medienbranche zu Ende gebracht. Der Axel Springer Verlag übernimmt Deutschlands größten Fernsehkonzern, die Münchner Pro Sieben Sat1 Media AG - und will damit endlich zu einem ebenbürtigen Konkurrenten von Bertelsmann aufsteigen.

"Es ist ein Schritt, der größer kaum ausfallen könnte. Aber ein richtiger Schritt zur richtigen Zeit", sagte Döpfner und zwingt sich trotz aller Nervosität zu einem Lächeln. Der 42 Jahre alte gelernte Journalist weiß, dass er mit der Übernahme einen Traum des 1985 gestorbenen Verlagsgründers Axel Cäsar Springer erfüllt.

Der wollte immer die Aktivitäten des Zeitungshauses um das TV erweitern, träumte in den sechziger Jahren mal vom Kauf des ZDF und dann wieder von einer Akquisition des Studio Hamburg. Doch wer nach Springers Tod kam, war der Fernsehmogul Leo Kirch, vor dem Springer selbst wiederholt gewarnt hatte.

Kirchs Fall, Döpfners Aufstieg

Kirch wollte durch eine Übernahme der Axel Springer AG ein schwarzes Imperium formen, einen konservativen Medienverbund - und kam nur bis zu einem Anteil von 40 Prozent der Aktien.

Als sich Döpfner nach wenig gelungenen Chefredakteurs-Auftritten bei den Bertelsmann-Blättern Wochenpost und Hamburger Morgenpost verändern wollte, ebneten Kirch und seine Leute dem smarten Journalisten den Weg. Er wurde Chefredakteur von Springers Welt - und schließlich sogar Vorstandschef des ganzen Konzerns.

Gleich nach Amtsantritt verweigerte er die von dem finanziell angeschlagenen Kirch geforderte Hilfe - der Münchner Pionier ging in die Insolvenz und Döpfner flog in die Höhe. Nun kaufte er einfach Kirchs größtes Erbe auf, die TV-Sendergruppe.

"Rufen Sie meinen Piloten an!"

Offenbar musste die zögerliche Springer-Witwe Friede, die sich vor allem um die Finanzen und die eigene Mehrheit sorgt, lange zu dem Deal gedrängt werden.

Monatelang haben Saban und Döpfner und deren Leute gerungen. Wie genau die Verhandlungen liefen, daran will sich Döpfner jetzt nicht mehr erinnern: "Dazu bin ich zu erschöpft." Nur soviel: Besiegelt wurde der Verkauf schließlich nicht mit einem Handschlag, sondern mit einer Umarmung - am Freitagmorgen, 7.30 Uhr, wurden die Verträge unterschrieben.

Döpfner und Saban waren zuvor schlafen gegangen, um für die große Pressekonferenz fit zu sein. Zuvor war in einer Anwaltskanzlei in den Maximilianshöfen in der Münchner Innenstadt auch noch um die letzten Cent gefeilscht worden. Mehrmals soll Saban mit der sofortigen Abreise in seinem Privatjet gedroht haben: "Rufen Sie meinen Piloten an!"

Saban fordert Applaus

Das Ergebnis kann sich für den Amerikaner mit israelischem Pass wirklich sehen lassen. Bei seiner Rede animiert Saban am Freitag den Springer-Chef und die Journalisten mehrmals zum Applaus, auch für seine hübsch-blonde Ehefrau Cheryl, die sich in der ersten Reihe freut.

Befragt nach seinem Gewinn, schmunzelt der 60-jährige Multi-Milliardär. "Es ist nicht schlecht. In einer Woche kann ich Ihnen mehr sagen." Schon jetzt steht fest, dass Saban und seine Partner einen Milliardengewinn gemacht haben.

Vor zwei Jahren hatten sie den Kirch-Insolvenzverwaltern die TV-Mehrheit zum Spotpreis abgekauft. Inklusive einer späteren Kapitalerhöhung legten Saban und seine Mitfinanziers geschätzte 800 Millionen Euro auf den Tisch. Jetzt zahlt Springer den Mehrheitseigentümern beinahe 2,5 Milliarden Euro - drei Mal so viel.

Das Risiko ist groß

Dabei hatte Saban einst im Oktober 2004 bei einem Abendessen in Berlin mal scherzhaft angefragt, ob er denn vielleicht den gesamten Springer-Verlag kaufen könne, da eine Zusammenführung von Fernsehen und Presse sinnvoll sei.

Das fand Döpfner, den manche für die Reinkarnation des großen Axel Cäsar Springer halten, auch. Schon der Verlagsgründer hatte beim Start des Privatsenders Sat1 im Jahr 1984 den Sender dominieren wollen. Auch Döpfner beansprucht nun die Kontrolle über den TV-Verbund.

Dafür riskiert der Springer-Chef viel. Immerhin wird die Übernahme zum größten Teil über Kredite finanziert - mehr als drei Milliarden Euro muss sich der Verlag bei den Banken leihen. Damit gibt sich das Medienhaus wieder in Abhängigkeiten, vor allem von der Deutschen Bank.

Peinliche Missgriffe

Ja, und dann muss Döpfner beweisen, dass die Kulturen der zwei Häuser harmonieren. In der Vergangenheit hat sich Springer peinliche Missgriffe im TV geleistet, etwa das rasch eingestellte Magazin Newsmaker.

Guillaume de Posch, Vorstandschef der Pro Sieben Sat 1 Media AG, empfahl dem Springer-Chef scherzhaft den Konsum der Programme der akquirierten TV-Gruppe. Die Frauen dort sähen auch so gut aus wie die in Bild, sagte der gebürtige Belgier humoristisch.

© SZ vom 06.08.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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