Sportartikelhändler hoffen auf Belebung:Warten auf das Winterwetter

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Der Sportartikelhandel hofft auf schlechtes Wetter in den Mittelgebirgen. Denn wenn die Schneefallgrenze sinkt, steigen die Erlöse.

Elisabeth Dostert

Der erste Blick von Werner Haizmann geht morgens in die Alpen. Über eine der zahlreichen Webcams, die über das Internet live Bilder übertragen, verfolgt der Sportfachhändler aus Stuttgart die Schneehöhen im Lechtal und in St. Moritz.

Das Eislaufen mitten in der Stadt wie hier am Münchner Stachus ist sehr beliebt - und führt zu steigenden Umsätzen bei Schlittschuhen. (Foto: Foto: imago)

"In Lech am Arlberg schneit es seit Anfang des Jahres", freut sich Haizmann, Präsident des Verbandes Deutscher Sportfachhandel (VDS). Ihm gehören rund 2500 Händler an. Die Kameras im Internet zeigen schneebedeckte Hütten und Wiesen.

"Mittlerweile sind es schon über 100 Zentimeter Schnee am Berg", heißt es euphorisch auf der Internetseite des Tourismusbüros Lech Zürs. Fast alle Lifte und Bahnen rauf auf den Berg arbeiten. Ähnliche Bilder senden die Kameras aus St. Moritz.

Bei warmem Wetter nützen alle Rabatte nichts

Technische Neuerungen und Raffinessen hin oder her, am Ende hängt das Geschäft mit Wintersportartikeln wie schon seit Jahrzehnten vom Wetter ab.

Wenn die Schneefallgrenze sinkt, steigen die Erlöse. Bleibt der Schnee aus, helfen auch die dicksten Rabatte dem Handel wenig.

"Seit ein paar Tagen kaufen die Leute richtig gut auch Ski und Stiefel", freut sich Haizmann. Den weitgehend schneefreien Dezember sieht er gelassen. "Wir sind nicht beunruhigt, wenn im Dezember noch kein Schnee liegt."

Schon in den Vorjahren sei der Umsatz mit der sogenannten Hartware zum Jahresende eher schleppend verlaufen. "Und schon seit Jahren kaufen die Leute die Hartware erst ab Januar, dann, wenn der erste Schnee fällt und sie sich sicher sein können, dass das neue Gerät auch zum Einsatz kommt", sagt Haizmann.

Ladenhüter Winterbekleidung

Nur im Geschäft mit Bekleidung und Accessoires für den Wintersport, also bei Mützen, Handschuhen und Schals, habe sich der ungewöhnlich milde Dezember bemerkbar gemacht. Bei Temperaturen über null Grad haben viele Verbraucher auf wärmende Accessoires als Geschenke unterm Weihnachtsbaum verzichtet.

Sollte es nun auch bis in die tieferen Lagen schneien, könnten die Erlöse im Wintersportgeschäft 2006/2007 noch ähnlich ausfallen wie im Vorjahr, erwartet Haizmann: "Die Saison geht bis Ostern."

Nach Angaben des VDS setzt der deutsche Sportfachhandel im Jahr 2005 etwa sieben Milliarden Euro um. Das Wintersportgeschäft steuere etwa 16 Prozent bei. Zahlen für das gerade abgelaufene Jahr liegen noch nicht vor. Zur Jahresmitte meldete der Verband ein Plus von 3,5 Prozent.

Die lange Wintersaison 2005/2006 mit Schnee bis in den April und die Fußball-Weltmeisterschaft sorgten für höhere Erlöse. Auf Jahressicht dürfte das Plus eine ähnliche Größenordnung haben, erwartet der Verband. Intersport, der mit 1500 angeschlossenen Händlern größte europäische Einkaufsverbund, meldet für 2006 ein Umsatzplus von vier Prozent auf 2,34 Milliarden Euro.

Es spielen wieder mehr Kinder Fußball

Dafür sorgten die Fußball-WM und die Aktivitäten zum 50-jährigen Firmenjubiläum, erläutert Vorstand Klaus Jost. Die WM habe auch noch im zweiten Halbjahr für zusätzliche Erlöse gesorgt, "weil wieder mehr Kinder Fußball spielen".

Das Geschäft mit Ski und Schlitten sieht Jost allerdings weit weniger euphorisch als VDS-Chef Haizmann. "In den vergangenen Tagen haben wir weniger Wintersportartikel verkauft", sagt Jost. Zur Begründung genügt ihm ein Blick aus dem Fenster der Firmenzentrale in Heilbronn: braune Hügel, graue Straßen.

"In den deutschen Mittelgebirgen ist der Schnee bislang ausgeblieben", sagt Jost. Das störe zwar die "echten Skifahrer" nicht, die zur Not bis auf Höhen von 3000 Metern steigen, um ihrer Leidenschaft zu frönen. Aber dann gebe es eben noch die Vielzahl der Verbraucher, die Ski und Schlitten fahren, wenn vor der Haustür Schnee liegt.

"Vor einem Jahr hatten wir um diese Zeit super viel Schnee. Da lief auch das Geschäft in diesem Produktsegment viel besser", sagt Jost. Je weiter sich der Schneefall in den Mittelgebirgen hinauszögert, um so schlechter werden auch die Renditen des Handels mit Wintersportartikeln. "Wir bewegen uns bereits auf den Winterschlussverkauf zu, und die Läger sind noch voll", so Jost.

Laufschuhe im Dezember

Grund zur Sorge bestehe noch nicht. "Dafür verkaufen wir im Moment mehr Laufschuhe, Outdoor- und Fitnessartikel", sagt der Intersport-Vorstand. Und die künstlichen Eislaufflächen in Innenstädten und Einkaufszentren haben ihm zufolge zumindest für einen kleinen Ausgleich gesorgt:

"Obwohl kein See zugefroren war, haben wir von Oktober bis Dezember so viele Schlittschuhe verkauft wie noch nie. Das sieht schick aus und kommt bei Jung und Alt gut an."

© SZ vom 08.01.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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