Sportartikel-Hersteller:Kopf an Kopf

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Noch ist die Fußball-Begeisterung mau, Händler bieten Nationaltrikots schon mit deutlichem Abschlag an. Adidas-Chef Herbert Hainer ist sauer. Und er muss mit Nike um die Vorherrschaft kämpfen.

Von C. Busse, U. Ritzer, München/Paris

Händler sind ziemlich einfallsreich, wenn sie ihre Waren unter die Leute bringen wollen. Sport-Scheck etwa erstattet den Kaufpreis für Trikots der deutschen Nationalmannschaft zurück, sollte Jogi Löws Team Europameister werden. Die Kunden der Otto-Tochter erhalten dann gegen Vorlage der Rechnung einen entsprechenden Gutschein. Karstadt gewährt derweil jedem Kunden Rabatt, der mit einem Fußball jonglieren kann, je besser, desto mehr.

Verkaufsförderung ist offenbar notwendig, denn die große Fußballeuphorie lässt bei den Konsumenten noch auf sich warten. Schon vor Beginn der Europameisterschaft in Frankreich haben viele Händler den Preis der Trikots zum Teil deutlich reduziert. Der Verkauf habe im Dezember sehr schleppend begonnen, heißt es bei Intersport, der größten Sportartikel-Einkaufsgemeinschaft. Gut angekommen sei anfangs nur das grüne Auswärtstrikot, das man auch wenden kann. Die traditionell schwarz-weißen Leibchen dagegen waren nicht begehrt. Viele Händler haben die Nerven verloren, und die Preise reduziert, noch ehe das erste EM-Spiel angepfiffen wurde. Zum Teil wird der von Adidas empfohlene Verkaufspreis von 85 Euro auf deutlich unter 60 Euro unterboten.

Adidas empfiehlt einen Preis von 85 Euro je Leibchen, das ist einigen zu teuer

Es sei eine strategische Entscheidung, "den Preis marktgerecht zu platzieren", so drückt es Sport-Scheck-Chef Markus Rech aus. Damit soll die Offensive im Bereich Fußball unterstützt werden. Die Kunden würden das auch "gut annehmen". Seit der Ball in Frankreich rollt und angesichts der Nachlässe, zieht das Trikotgeschäft auch an. "Die Fußballeuphorie ist zurück", sagt Intersport-Chef Kim Roether. Nicht nur Trikots, sondern auch Fan- und Fußballartikel würden verstärkt nachgefragt. "Umso unverständlicher ist es, wie ein solches Premium-Produkt, wie das DFB-Trikot, von einzelnen Marktteilnehmern bereits lange vor der EM runtergezeichnet worden ist", sagt Roether. Vor allem Online-Händler würden die Rabatte antreiben, "die wichtige Margen vernichten, die der Fachhandel zum Überleben braucht".

Deutsche Anhänger in Nationaltrikots im französischen Lille, mit klassisch-weißen, aber auch mit grau-grünen Leibchen. (Foto: François Nascimbeni/AFP)

Auch Adidas, der Ausrüster des deutschen Teams, ist richtig sauer. Als "Schwachsinn" bezeichnete Konzernchef Herbert Hainer vor Journalisten in Paris die Rabattaktionen. Etwas diplomatischer äußerte sich Markus Baumann, bei Adidas zuständig für das Fußballgeschäft. "Natürlich sind wir nicht zufrieden, wenn Händler noch vor dem Turnierstart das Trikot günstiger verkaufen", sagte er. "Aber wir können es auch nicht verhindern."

Die eigene Gesamtbilanz sieht Adidas dadurch nicht in Gefahr. Getrieben vor allem von der EM, aber auch von der zeitgleich in den USA ausgespielten Kontinentalmeisterschaft Copa América, erwartet der nach Nike zweitgrößte Sportartikelhersteller in diesem Jahr einen Rekordumsatz mit Fußballausrüstung von 2,5 Milliarden Euro. Das wäre dann gut doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Unter anderem werden sieben Millionen Bälle, die diesmal "Beau Jeu" heißen, mit dem EM-Design in allen möglichen Größen verkauft. Und auch Trikots, von allen Mannschaften, die ausgerüstet werden, auch von der deutschen. Allerdings wird der Rekord von 2014 nicht eingeholt. Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft in Brasilien hatte Adidas rund drei Millionen Trikots abgesetzt. Diesmal sollen es 1,3 Millionen werden.

Große Sportereignisse bringen den Sportartikel-Herstellern in der Regel einen wichtigen Schub. "Die EM ist eine große Bühne", sagte kürzlich Puma-Chef Björn Gulden. Adidas, Nike, Puma und die anderen stecken deshalb viel Geld in Marketingmaßnahmen, es ist auch ein knallharter Kampf um Aufmerksamkeit. Adidas rüstet bei dem laufenden Turnier neun Mannschaften aus, Nike hat sechs Teams, Puma fünf ( Grafik). Mit dabei sind auch kleinere Anbieter wie Joma aus Spanien, Errea und Macron, beide aus Italien, oder die ehemalige Nike-Marke Umbro. Dabei geht es aber nicht nur um die Leibchen der Helden, wichtig sind vor allem auch die Schuhe, die die Spieler frei wählen können. Der französische Stürmer Antoine Griezmann etwa wirbt für Puma, obwohl Frankreich bei Nike unter Vertrag steht.

SZ-Grafik (Foto: SZ-Grafik)

Nike und Adidas kämpfen Kopf an Kopf um die Vorherrschaft. Mit einem Marktanteil von 36 Prozent liege man in den fünf wichtigsten Ländern Europas (Deutschland, Frankreich, England, Spanien und Italien) auf Platz eins knapp vor dem US-Rivalen, sagte Adidas-Manager Baumann. Auch in den in Sachen Trends angeblich wichtigsten europäischen Ballungszentren Paris, Berlin, Barcelona, Mailand und London liege Adidas vorn. Bei Intersport heißt es dagegen, in den deutschen Geschäften würden etwas mehr Nike-Fußballschuhe verkauft als solche von Adidas.

Bei der EM hat Adidas einen Standortvorteil. Als offizieller Ausrüster und Sponsor der Uefa stellen die Franken den Spielball, kleiden Schiedsrichter und Balljungen ein. Sie dürfen auch exklusiv in und an den Stadien werben, und sind damit via Fernsehen und Internet für ein Milliardenpublikum präsent. Geduld erfordern offenkundig noch die Verhandlungen zwischen Adidas und dem DFB über eine Fortsetzung des seit Jahrzehnten bestehenden Ausrüstervertrages. Man sei "in sehr konstruktiven Gesprächen", sagt Hainer. Er will jedenfalls, dass die deutschen Trikots auch künftig von Adidas kommen.

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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