Sozialbeiträge:Besuch vom Prüfer

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Unternehmen müssen für 2017 mehr Sozialbeiträge nachzahlen als im Jahr zuvor, wie aus Zahlen des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht. Dies obwohl die Betriebsprüfer diesmal knapp 2000 Betriebe weniger untersucht haben.

Von Thomas Öchsner, München

Sie kommen in der Regel angemeldet, können aber für Unternehmen teuer werden: 4300 Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung durchleuchten Jahr für Jahr knapp 800 000 Betriebe in Deutschland und kontrollieren, ob die Arbeitgeber ordnungsgemäß Sozialabgaben zahlen. Eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke zeigt nun: Die Unternehmen sollen für das Jahr 2017 deutlich höhere Sozialbeiträge nachzahlen. Das deutet darauf hin, dass sich die Firmen nicht immer an Recht und Gesetz halten.

Nach den vorläufigen Zahlen des Bundesarbeitsministeriums wurden 2017 etwa 763 000 Betriebe geprüft - knapp 2000 weniger als im Vorjahr. Trotzdem wurden im vergangenen Jahr mit etwa 682 Millionen Euro etwa 40 Millionen Euro mehr nachgefordert. Bei den Prüfungen werden die Arbeitgeber vorher darum gebeten, ihre Unterlagen für den Kontrollbesuch vorzubereiten. "Dies wäre ohne Ankündigung der Prüfung nicht möglich", sagt der Sprecher der Rentenversicherung.

Es gibt aber auch bei Verdachtsfällen sogenannte "Anlassprüfungen" , die unangemeldet erfolgen können, besonders wenn es um Schwarzarbeit geht und die Finanzkontrolle Schwarzarbeit eingeschaltet wird. Auch hier wurde 2017 deutlich mehr nachgefordert als im Vorjahr, insgesamt waren es 525 Millionen Euro, einschließlich Säumniszuschläge. In der Summe belaufen sich sämtliche Rückforderungen aus den vergangenen Jahren sogar auf mehr als zehn Milliarden Euro.

Doch wird das Geld auch wirklich in vollem Umfang bezahlt?

Eintreiben müssen die nachträglich fälligen Sozialbeiträge die Einzugsstellen der Krankenversicherungen. Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte bei den Grünen, wollte deshalb auch wissen, wie viele Beiträge tatsächlich kassiert werden konnten und wie hoch die Summe der noch offenen Forderung ist. Das wusste das Ministerium allerdings nicht. "Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor", heißt es in der Antwort.

Wer den Mindestlohn nicht einhält, kann von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden

Die Grünen-Abgeordnete hält das für nicht akzeptabel: "Wenn Mindestlöhne nicht bezahlt werden oder schwarzgearbeitet wird und deswegen Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlt werden, dann geht das zu Lasten der Versichertengemeinschaft und damit zu Lasten der Beschäftigten und Unternehmen, die ihre Beiträge ordentlich abführen", kritisiert sie. Das Bundesarbeitsministerium schreibt dazu: "Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung verursachen jährlich erhebliche Ausfälle unter anderem in den Kassen der Sozialversicherung." Außerdem entstehe bei gesetzestreuen Unternehmen "ein Wettbewerbsnachteil gegenüber Konkurrenten, die sich illegaler Praktiken bedienen".

Mögliche Geld- und Freiheitsstrafen hätten aber durchaus "eine abschreckende Wirkung bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung". Außerdem könne ein Verstoß gegen den Mindestlohn "zu einem Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge führen".

Wenn Prüfer mehr Geld nachfordern, muss das aber nicht allein daran liegen, dass mehr Schwarzarbeiter bei den Prüfungen auffliegen. Es könnten auch gesetzliche Änderungen und neue Gerichtsurteile "zu fehlerhaften Entgeltabrechnungen bei den Arbeitgebern führen", merkt die Rentenversicherung an. Außerdem habe sich die Anzahl der regulären Stellen, bei denen Sozialabgaben fällig sind, zuletzt erhöht. Es gebe allerdings auch neue Versuche, "Geschäftsmodelle außerhalb der Sozialversicherungspflicht im Bereich der Selbständigkeit zu etablieren". Solche Praktiken werden von den Prüfern nicht immer akzeptiert. Stellen sie fest, dass ein Freiberufler in Wirklichkeit nur scheinselbständig tätig ist und eigentlich als Arbeitnehmer angestellt werden müsste, müssen die Arbeitgeber ebenfalls Sozialbeiträge nachzahlen.

© SZ vom 16.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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