Solar-Förderung gestutzt:Wenn Sonnenkönige weinen

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Top-Renditen mit Sonnenstrom? Das war einmal. Die Regierung kürzt die Solar-Förderung um 16 Prozent - Handwerker und Bauern befürchten massive Einbußen.

Sebastian Beck

Noch haben Wolfgang Dollingers Monteure mehr als genug zu tun: Selbst an Samstagen müssen die Mitarbeiter des Betriebs in Oberbayern auf die Dächer ihrer Kunden steigen. Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen ist im Moment so groß, dass selbst die Lieferanten kaum mehr nachkommen. "Der ganze Markt spielt verrückt", sagt Dollinger.

Noch ist die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen sehr groß - doch das wird sich bald ändern, denn die Regierung wird die Solar-Förderung kürzen. (Foto: Foto: ddp)

Bis Ende Juni wollen möglichst viele Hausbesitzer noch schnell ihr Kraftwerk auf dem Dach installieren, denn zum 1. Juli sinkt die Vergütung für den eingespeisten Strom um 16 Prozent. Einer entsprechenden Kürzung hat am Mittwoch der Umweltausschuss des Bundestags zugestimmt, gegen die Stimmen von SPD, Grünen und Linksfraktion.

Der Betreiber einer neuen Photovoltaikanlage erhält dann nur noch 33 Cent je einspeister Kilowattstunde. Solarparks auf Äckern werden überhaupt nicht mehr gefördert. Handwerk und Solarindustrie fürchten nun um Tausende Arbeitsplätze. Denn mit der neuerlichen Kürzung der Einspeisevergütung sinken auch die Gewinne der Betreiber. In Gegenden mit hoher Sonneneinstrahlung, wie beispielsweise in Südbayern, konnten mit Photovoltaikanlagen bisher Rendite auf das eingesetzte Kapital von sechs Prozent und mehr erzielt werden. Entsprechend stark wuchs in den vergangenen Jahren die Zahl der Module auf Dächern und Äckern. Vor allem Landwirte entdeckten in der Stromerzeugung ein ebenso willkommenes wie risikoloses Zusatzeinkommen.

"Industriepolitisch verantwortungslos"

Die Rechnung dafür bezahlen allerdings die Stromkunden: Obwohl in Deutschland kaum mehr als ein Prozent des Stroms mit Solaranlagen erzeugt wird, erhielten deren Betreiber allein 2008 rund zwei Milliarden Euro an Einspeisevergütungen - 400 Millionen mehr als die Erzeuger von Windkraft kassierten. Das ist auch der Grund dafür, warum die Bundesregierung die Förderung nun drastisch zusammenstreicht.

Bei den Nutznießern ist die Empörung nun groß: "Kürzungen in dieser Größenordnung sind industriepolitisch verantwortungslos", sagt Günther Cramer, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft. Kritik kommt aber auch aus den Landwirtschaftsministerien und vom Bauernverband: Für die krisengeschüttelten Bauern falle nun eine weitere Einkommensquelle aus. Die Erzeugung von Solarstrom, befürchten sie, werde sich erst dann wieder lohnen, wenn die Hersteller die Preise für ihre Module senken.

Darauf hofft auch das Handwerk, das in den vergangenen Jahren am Photovoltaik-Boom gut verdiente. Gerade Heizungsbauer trifft es nun womöglich gleich doppelt: Denn außer bei der Vergütung für Solarstrom will die Bundesregierung auch noch beim Marktanreizprogramm streichen, mit dem bisher Solarkollektoren zur Warmwasserbereitung, Bioheizungen oder Wärmepumpen gefördert wurden.

Ab Juli sieht es düster aus

Wegen der desolaten Haushaltslage hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) das Programm für mehr Öko-Energien beim Heizen gestoppt. Damit können vorerst keine Zuschüsse des Bundesamts für Wirtschaft mehr vergeben werden. Die Haushaltssperre umfasst 115 Millionen Euro.

Gegen die Entscheidung regt sich in der Unionsfraktion allerdings Widerstand. Vor allem Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte für die Freigabe der Mittel für das Klimaschutz- und Beschäftigungsprogramm gekämpft. Die Grünen im Bundestag warfen der Regierung am Donnerstag vor, sie wolle den Klimaschutz nun endgültig abwracken: Denn jeder eingesetzte Euro zur Förderung habe sieben Euro private Investitionen nach sich gezogen.

Für Geschäftsführer Dollinger und seine gut hundert Mitarbeiter werden die Entscheidungen der Regierung gravierende Folgen haben: Für die Zeit nach dem 1. Juli fehlen ihm die Aufträge. "Das wird auf jeden Fall Arbeitsplätze kosten", sagt er. Der Absatz von Pelletanlagen ist bereits seit Jahresanfang eingebrochen, Sonnenkollektoren zur Warmwasserbereitung verkauft er nur noch vereinzelt. Dafür boomt das Geschäft mit Anlagen, die aus Gründen des Kimaschutzes aus dem Verkehr gezogen werden sollten: Koventionelle Ölheizungen, sagt Dollinger, seien bei den Kunden jetzt wieder gefragt.

© SZ vom 07.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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