Serie: Teil 1:Nichts ist unmöglich

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(Foto: N/A)

Er wird kommen - "der größte Crash aller Zeiten", raunen lustvoll die Untergangspropheten.

Von Hendrik Munsberg, München

Was ist ein "Schwarzer Schwan"? Wenn einer die Weihnachtsgans zu Ostern brät. Denn "Schwarzer Schwan" nennt man ein Ereignis, dessen Eintritt als unmöglich gilt. Weiße Schwäne dagegen sind die, von denen alle glauben, dass es ausnahmslos solche auf dieser Erde gebe. Bis der erste "Schwarze" auftaucht.

Ist auch das ein "Schwarzer Schwan" - wenn die SZ ausgerechnet an Heiligabend eine Börsenserie startet? Nein, aus zwei Gründen nicht: Zum einen, weil an der Börse manche längst lustvoll vor einem monströsen "Schwarzen Schwan" warnen - in diesem Fall vor dem "größten Crash aller Zeiten", passiert ist er bisher nicht; noch nicht, raunen die Untergangspropheten. Zum anderen, weil die Tage zwischen den Jahren ideal sind, um sich einmal mit Themen abseits des täglichen Nachrichtenstroms zu befassen - zum Beispiel mit zeitgenössischer Börsen-Poesie, zu der auch der "Schwarze Schwan" gehört.

Ob "Hindenburg-Omen" oder "Methusalem-Anleihe" - viele Anleger kennen sie nicht, teilweise kurios klingende Begriffe, mit denen Börsenprofis brillieren wollen. Mit den nächsten SZ-Ausgaben gibt es deshalb die Chance, klüger zu werden - im Crashkurs bis zum 11. Januar.

Auch im Umgang mit vermeintlichen "Schwarzen Schwänen" werden die Menschen immer klüger, leider. Wer hätte vor dem 11. September 2001 gedacht, dass Terroristen die Zwillingstürme des World Trade Centers zum Einsturz bringen könnten? Wer hätte vor dem 23. Juni 2016 prophezeit, dass die Briten die EU verlassen wollen? Passiert ist es doch. Danach war nicht einmal mehr der Wahlsieg Donald Trumps am 8. November 2018 ein "Schwarzer Schwan", weil man schon wusste, dass eigentlich alles passieren kann.

In der Wirtschaftswelt etabliert hat den "Schwarzen Schwan" der libanesische Finanzmathematiker und Publizist Nassim Nicholas Taleb. Seine These: Zu Katastrophen kommt es viel häufiger als gedacht. 2007 kam Talebs "The Black Swan" auf den Buchmarkt. Kurz darauf, am 15. September 2008, war die US-Bank Lehman pleite, die Weltfinanzkrise brach aus.

Dem Philosophen Karl Popper hatte der "Schwarze Schwan" schon vorher dazu gedient, naiven Empirismus zu tadeln: "Ich beobachte: alle Schwäne sind weiß, also sind Schwäne immer weiß!" Solches Verifizieren, folgerte Popper, sei zum Scheitern verurteilt. Nur Falsifizieren sei möglich.

Selbstredend kannten schon die Römer den "Schwarzen Schwan". Und was war es, das dem Satiriker Juvenal so unvorstellbar erschien? Eine treue Ehefrau! Arbeitete Juvenal heute in einer deutschen Firma, er müsste sofort zum Diversity-Seminar.

Am Freitag, 27. Dezember, erscheint der nächste Teil, Thema: Depotleiche.

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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