Schwierigkeiten der multinationalen Arbeitsteilung:Deutsch-französischer Streit über Airbus-Sanierung

Lesezeit: 2 min

Gravierende Meinungsverschiedenheiten darüber, wie die Arbeiten bei dem neuen Langstreckenflugzeug A350 verteilt werden sollen, verzögern jetzt die geplante Airbus-Sanierung. Es geht um die Verteilung von Zukunftstechnik bei einem der wichtigsten Airbus-Programme der kommenden Jahrzehnte.

Jens Flottau

Airbus-Chef Louis Gallois ist mit seinen Vorschlägen zur Sanierung des Flugzeugherstellers vorerst gescheitert, weil sich die deutsche Seite im Unternehmen benachteiligt fühlt.

Nach einer Aufsichtsratssitzung der Airbus-Muttergesellschaft EADS am Sonntag verschob Airbus ein für Dienstag geplantes Treffen mit Betriebsräten, bei dem Details des sogenannten Power-8-Restrukturierungsplans vorgestellt werden sollten.

Hintergrund sind nach SZ-Informationen Bei der Sitzung habe sich Gallois' Kollege an der EADS-Spitze, der Deutsche Thomas Enders, gegen Gallois' Pläne ausgesprochen.

Latte gerissen

Auch andere Aufsichtsräte, die den privaten Anteilseignern DaimlerChrysler und Lagardère zugerechnet werden, seien der Meinung gewesen, ,,dass Gallois die Latte gerissen hat'', hieß es.

Anderen Stimmen zufolge seien in der aktuellen Version des Sanierungsplanes zwar die Lasten gerecht verteilt, aber nicht die Chancen. Enders sei auf Widerstand gegen Gallois gegangen, um die Interessen der deutschen Seite zu wahren.

Außerdem würden die Deutschen Anteile am A350 fordern, die sie technologisch derzeit nicht beherrschten. Zweifel habe es im Aufsichtsrat auch gegeben, ob die Vorschläge von Gallois weit genug gingen: Das Gremium habe vermeiden wollen, in einem Jahr mit weiteren Sanierungsschritten nachlegen zu müssen. EADS ringe noch um die beste Lösung, sagte Enders.

Wirtschaftliche Schwierigkeiten

Wegen der Produktionsschwierigkeiten beim Airbus A380 ist das Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Durch das Power-8-Programm will Airbus die jährlichen Kosten ab 2010 um mindestens 2,1 Milliarden Euro jährlich senken. Gewerkschaftsvertreter befürchten, dass rund 10.000 Arbeitsplätze ausgelagert oder gestrichen werden könnten.

Gallois machte gestern Druck auf seine Gegner: ,,Wir brauchen sehr schnell eine Lösung, die nationale Angelegenheiten überwindet'', sagte der Konzernchef. ,,Airbus darf die Umsetzung von Power 8 nicht länger verzögern. Ich habe Vorschläge gemacht, die ich aus industrieller und technologischer Sicht für gerecht halte und die unserem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit dienen.''

Die nächste Aufsichtsratssitzung soll nun ,,in den nächsten Tagen'' stattfinden. Airbus soll auch Thema bei einem Treffen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac am Freitag bei Berlin sein.

Wulff mahnt angemessene Beteiligung an

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) begrüßte die Absage der Präsentation der Sanierungspläne: Es dürfe keinen ,,Schnellschuss'' geben; die deutschen Standorte müssten am Langstreckenflugzeug A350 angemessen beteiligt werden.

Beim neuen Langstreckenjet A350 sollen die französischen und die deutschen Airbus-Standorte jeweils 35 Prozent der Entwicklung und Produktion verantworten. Sie sollen aber weit mehr als bisher an Lieferanten auslagern. Insgesamt verbleiben nach Gallois' Plänen nur noch 50 Prozent der Arbeiten bei Airbus, der Rest soll ausgelagert werden.

© SZ vom 20.02.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: