Die Euro-Partner lassen Schuldensünder Griechenland wegen seiner verfehlten Sparziele auf die dringend benötigten Kredite warten, geben Athen aber Grund zur Hoffnung. Nach Angaben von EU-Diplomaten wäre es verfrüht, Griechenland jetzt von den internationalen Hilfsgeldern abzuschneiden. Das verlautete am Montagabend beim Treffen der Finanzminister der 17 Euro-Länder in Luxemburg.
Griechenland wäre ohne die nächste Kredittranche von acht Milliarden Euro spätestens Ende Oktober pleite und pocht auf die Auszahlung. Diese Entscheidung behalten sich die Minister, die Zweifel am Sparwillen Athens durchblicken lassen, aber vor und wollen erst den Bericht einer Expertengruppe abwarten.
Die "Troika" aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ist derzeit in Athen. Die Experten werden nun berechnen, inwieweit die Rezession der griechischen Wirtschaft für das höhere Haushaltsdefizit verantwortlich ist, sagte der EU-Diplomat. Dann sei klar, wer die Schuld für die aktuelle Lage trage.
Eine Einigung erzielten die Finanzminister bei einer anderen Streitfrage: Die Euro-Länder können für neue Hilfskredite an Griechenland künftig ein Sicherheitspfand verlangen, wie der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, mitteilte. Insbesondere Finnland hatte darauf gedrängt.
Der Chef des Euro-Krisenfonds EFSF, Klaus Regling, sagte, diese Möglichkeit stehe allen Geldgebern offen. "Aber es muss ein Preis dafür gezahlt werden", betonte er. Staaten, die ein Pfand erhielten, bekämen scharfe Auflagen, um das Sicherheitspfand möglichst unattraktiv zu machen. Außer Finnland habe bei dem Treffen kein Staat Interesse daran gezeigt, sagte Juncker. EU-Währungskommissar Olli Rehn sprach von einer "fairen und ausgewogenen Lösung", das Thema sei nun von der Tagesordnung.
Griechenland weist Vorwürfe zurück
Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos wehrte sich unterdessen gegen Schuldzuweisungen: "Griechenland ist ein Land mit strukturellen Problemen, aber nicht der Sündenbock der Euro-Zone". Athen erfülle die Auflagen der internationalen Geldgeber, sagte der Minister. Kurz zuvor hatte er mitgeteilt, das Sparziel für das laufende Jahr zu verfehlen. Das Haushaltsdefizit werde statt der vereinbarten 7,6 nun 8,5 Prozent betragen.
Im Gegenzug für das 110 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm von Europäern und Internationalem Währungsfonds muss Athen strenge Auflagen einhalten. "Die Troika beschäftigt sich ja mit der Frage, was angesichts der aktuellen Zahlen in Griechenland die Empfehlungen sind, und diesen Bericht warten wir ab, das ist der Sinn", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker bekräftigte, bei dem Treffen würden die Minister keine Entscheidung über die Auszahlung des Geldes treffen.
Nach derzeitiger Planung wollen die Euro-Kassenhüter die Summe bei einem Sondertreffen am 13. Oktober freigeben. Die Minister berieten über die Ausweitung des Krisenfonds für wackelnde Euro-Staaten EFSF. Dabei geht es um wichtige Detailfragen beim zweiten Griechenland-Hilfspaket, wie zum Beispiel das von Finnland geforderte Sicherheitspfand für Kredite, und die Umsetzung der Gipfelbeschlüsse vom 21. Juli.
Euro-Länder müssen ihre Hausaufgaben machen
Eine effektivere Verwendung der Mittel des Euro-Krisenfonds EFSF mit Hilfe von Kredithebeln könnte eine Möglichkeit sein. EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte: "Ein Kredithebel ist eine der Optionen, die wir uns derzeit anschauen. Ich erwarte, dass wir darüber heute reden werden." Dies könne den EFSF als "finanzielle Brandmauer effektiver machen".
Mit solchen Finanz-Instrumenten würde die Ausleihsumme des Krisenfonds EFSF steigen, ohne dass sich das Haftungsrisiko für die einzelnen Staaten erhöht. Der Krisenfonds EFSF kann derzeit 440 Milliarden Euro Notkredite vergeben. Schäuble wehrte dagegen ab und sagte: "Im EFSF sind bisher nur zehn Prozent (..) durch Programme für Griechenland und Portugal belegt. Und deswegen machen diese Spekulationen jetzt auch gar keinen Sinn."
Beschlüsse zum Kredithebel wurden nicht erwartet. Zunächst einmal wollen die Euro-Länder die Ratifizierung des erweiterten Krisenfonds in den noch ausstehenden Ländern abwarten - und dies nicht durch neue Debatten gefährden. In einigen Staaten - darunter dem Wackelkandidaten Slowakei - müssen die Parlamente noch zustimmen. "Ich glaube, jetzt müssen die Länder der Euro-Zone erst einmal ihre Hausaufgaben machen", sagte Belgiens Finanzminister Didier Reynders. Er nahm Griechenland in Schutz: "Das Ziel lautet ja nicht, dass Griechenland geheilt wird und dann stirbt. Das Ziel lautet, dass wir ihm wirklich helfen."