SchülerVZ:"Top oder Flop"-Spiel unter Mobbing-Verdacht

Lesezeit: 2 Min.

Mobbing-App oder harmloses Schülerspiel? Nutzer des Jugendportals SchülerVZ können in der Anwendung "VZ Pausenhof" ihre Mitschüler bewerten - auch negativ. Blogger werfen den VZ Netzwerken nun vor, mit zwielichtigen Methoden gegen ihre sinkende Bedeutung ankämpfen zu wollen.

Johannes Kuhn

Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach ist verärgert: In seinem Blog kündigt der Hamburger an, die SchülerVZ-Konten seiner Söhne zu löschen. "SchülerVZ, es ist Zeit für Dich, zu gehen", schreibt er erbost, "weil Du in deiner Verzweiflung offenbar nur noch in die unterste Schublade greifen kannst."

SchülerVZ-Anwendung "VZ Pausenhof": "SchülerVZ, es ist Zeit für Dich, zu gehen" (Foto: Screenshot)

Ausgelöst hat die Wut des Bloggers eine neue Webanwendung des Netzwerks, das sich an deutsche Schüler ab zehn Jahren richtet: Mit "VZ-Pausenhof" können Jugendliche ihre Mitschüler bewerten. Mit dem Motto "Top oder Flop?" wirbt das Portal mit den Porträtfotos dreier Jugendlicher und Knöpfen, die dem "Gefällt-mir"-Button von Facebook ähneln - mit dem Unterschied, dass eben auch ein gesenkter Daumen vergeben werden kann.

Nun sind Lästereien auf Schulhöfen gang und gäbe. Einzig: Die Grenze zum Mobbing ist dabei fließend - und die Möglichkeit, unbeliebte Außenseiter mit der SchülerVZ-App digital zu demütigen, könnte das Schulhof-Mobbing auf eine neue Ebene bringen. "Offenbar will SchülerVZ die mehr oder weniger offizielle Mobbingplattform an deutschen Schulen werden", schreibt der erboste Lünenbürger-Reidenbach, "Damit überschreitet SchülerVZ eine Grenze, die sie niemals hätten überschreiten dürfen."

Auch Johnny Haeusler vom bekannten Berliner Blog Spreeblick stimmt ihm in einem Beitrag zu: "Die neue 'Pausenhof'-App führt etwas ein, das jedes Social Network tunlichst vermeiden sollte: Die Möglichkeit zur negativen Beurteilung anderer Teilnehmerinnen und Teilnehmer", konstatiert er. "Wer jemals gesehen hat, wie schwer psychischer Druck ein Kind treffen kann und mit welch erschütternder Schonungslosigkeit, Boshaftigkeit und technischer Raffinesse sich Kinder und Jugendliche gegenseitig gezielt fertigmachen können ... der muss spätestens bei einer solchen Idee am Verantwortungsbewusstsein der SchülerVZ-Betreiber zweifeln."

Mobbing oder harmloses Schülerspiel?

Der Vorwurf, Mobbing zu begünstigen, wiegt für eine Schüler-Plattform schwer. Tobias Scheiba, Marketing-Chef der VZ Netzwerke, zu denen neben SchülerVZ auch StudiVZ und MeinVZ gehören betont deshalb, dass die Anwendung so konzipiert sei, dass Mobbing quasi unmöglich werde:

[] Nur diejenigen Mitglieder können bewertet werden, die selber "VZ-Pausenhof" nutzen. Zudem haben die Teilnehmer die Möglichkeit, eine Ignorier-Funktion zu aktivieren, um unliebsame Klassenkameraden fern zu halten. Über einen Melde-Button könnten Störenfriede zudem sofort den Kundenbetreuern von SchülerVZ genannt werden.

[] Die Zahl der Flops wird weder dem Betroffenen noch anderen SchülerVZ-Mitgliedern angezeigt; sie kann Scheibas Aussage zufolge auch nicht über Umwege herausgefunden werden. Warum aber dann überhaupt einen Flop-Button? Man habe sich an Bewertungs-Spielen wie 'Hot or not' orientiert, die in Schülerkreisen sehr beliebt seien und "die auch auf andere soziale Netzwerke und Apps für Smartphones" spielbar seien, so Scheiba.

"Auf den ersten Blick kann man sicher falsche Rückschlüsse ziehen", sagt Scheiba im Hinblick auf die Werbekampagne. "Künftig werden wir versuchen, uns klarer auszudrücken."

Im Netz war schnell der Vorwurf geäußert worden, SchülerVZ würde nun aufgrund der sinkenden Reichweite der VZ Netzwerke um jeden Preis versuchen, seine Mitglieder an die Plattformen zu fesseln.

Die zur Verlagsgruppe Georg von Holtzbrinck gehörenden Portale leiden unter der großen Beliebtheit von Facebook. Verbuchten die Seiten im November 2010 noch etwa 364 Millionen Besuche (Visits), waren es im November 2011 nur noch 84 Millionen.

Ein Verkauf der Netzwerke scheiterte Berichten zufolge im Frühsommer, da keine ernsthaften Interessenten für die Portale gefunden werden konnten. Im September hatte man nach einer Überarbeitung der Plattformen erklärt, künftig eher auf Anwendungen zu setzen - wie in diesem Fall eben auf "VZ-Pausenhof".

Update 10. Dezember (dapd):

Das auf junges Publikum ausgerichtete Portal Schüler-VZ hat sein Angebot nach massiver Kritik eingeschränkt. Weil Internetnutzer und Netzaktivisten protestierten, stellte das soziale Netzwerk eine Funktion ein, mit der sich Schüler zuvor gegenseitig als "Flop" abstempeln konnten. "Nichts liegt uns ferner, als unsere Mitglieder zu demütigen", sagte Geschäftsführerin Stefanie Waehlert am Freitag.

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