Schäubles Überlegungen:"Was willste denn sagen?"

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Der deutsche Finanzminister agiert nach dem Rücktritt des italienischen Premiers vorsichtig. Seine Unterstützung für Matteo Renzi vor dem Referendum war aufmerksam registriert worden.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Er müsse jetzt aufpassen, sagt Wolfgang Schäuble, als die Rede auf Italien kommt. Er habe nämlich im Wahlkampf gesagt, er würde Noch-Premier Matteo Renzi unterstützen, und das sei in den italienischen Medien nicht ganz so gut aufgenommen worden, erklärt der Bundesfinanzminister nach der Sitzung mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. Ob er sich Sorgen um Italien mache? "Natürlich machen wir uns Sorgen", sagt Schäuble. Bei Renzi habe man gelegentlich was einstecken müssen, aber er habe wichtige Veränderungen auf den Weg gebracht. Dass müsse nun fortgesetzt werden. So weit, so nachvollziehbar.

Bleibt die Frage: Was ist mit den italienischen Banken, die auf faulen Krediten im Volumen von über 360 Milliarden Euro sitzen? Auch da bleibt Schäuble ziemlich allgemein; er weiß, dass jedes seiner Worte nicht nur in den italienischen Medien, sondern vor allem an den Märkten zur Kenntnis genommen wird. Also sagt er erst einmal: "Was willste denn sagen?" Und dann erklärt er noch, dass er zuversichtlich sei.

Keine Fortschritte bei der Bekämpfung von Steuertricks

Überhaupt: Was die recht gelassenen Marktreaktionen am Tag nach dem Referendum betrifft, so mahnt Schäuble zur Vorsicht. Er hoffe zwar, dass es so ruhig bleibe, aber es gebe auch die Pflicht zu einer möglichst guten Vorsorge. Aus Schäubles Sicht müssen, vor allem in Hinblick auf die Bankbilanzen, Risiken weiter reduziert werden, bevor europaweit vergemeinschaftet werden kann.

Neben Italien geht es beim Finanzministertreffen auch um Griechenland. Nach Schäubles Ansicht liegt es "ausschließlich an den Griechen, dass sich der Abschluss der Reformüberprüfung verzögert". Das sei im Fall Athens auch keine Überraschung. Fest steht aber, dass die Aussicht auf eine möglichst baldige Beteiligung des Internationalen Währungsfonds (IWF) am laufenden Kreditprogramm weiter auf sich warten lässt. Die Minister konnten sich nicht auf mittelfristige Haushaltsziele einigen. Bei der Frage, wie lange der für 2018 vereinbarte Primärüberschuss auch in den weiteren Jahren gelten soll, gibt es keine Verständigung. Die Meinungen gehen auseinander. Deutschland fordert zehn Jahre, andere nur drei oder fünf.

Auch in Steuerfragen gibt es an diesem Dienstag in Brüssel keine Einigung. Wegen des Widerstands einer Reihe von Mitgliedsländern können weitere Maßnahmen gegen Tricks zur Steuervermeidung von internationalen Großkonzernen nicht verabschiedet werden. Frankreichs Finanzminister Michel Sapin sagt, dass er unmöglich dem Kompromiss zustimmen könne, weil darin auf Wunsch Großbritanniens Ausnahmen für Finanzdienstleister enthalten seien. Andere Staaten pochen auf mehr Zeit, sich die Vorschläge noch einmal genauer anzusehen.

Schäuble jedenfalls versucht am Ende vergeblich, doch noch eine politische Einigung zu erreichen. Gestritten wurde vor allem darum, wie Schlupflöcher für Konzerne geschlossen werden können, die unterschiedliche Regeln in den nationalen Gesetzen ausnutzen, um zweifach Steuerabschläge einzustreichen oder die Besteuerung von Dividendenzahlungen zu vermeiden.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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