Schaeffler und Continental:Und plötzlich doch ohne den Staat

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Der Fall Arcandor schreckt ab: Die Autozulieferer Continental und Schaeffler wollen womöglich nun doch ohne Hilfe des Staates auskommen.

Der Insolvenzfall Arcandor sorgt für Unruhe: Er zeige, dass die Politik nicht gewillt sei, für Unternehmen geradezustehen, die sich selbst in Schwierigkeiten gebracht haben, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen aus dem Umfeld von Conti und Schaeffler am Dienstag. "Bürgschaften kosten Geld, das will man sich sparen", ergänzte eine weitere Person.

"Es ist nicht mal eine Voranfrage an uns herangetragen worden", sagt Niedersachsens Ministerpräsident Hartmut Möllring (Foto: Foto: dpa)

Auch aus Bankenkreisen hieß es, das Thema Staatshilfe habe - nicht zuletzt wegen der anstehenden Bundestagswahlen - in den Verhandlungen derzeit keine Priorität. Bislang hatte es als zentraler Bestandteil des Deals gegolten.

"Keine Voranfrage"

Der Finanzminister Niedersachsens, wo Conti seinen Firmensitz hat, sagte am Dienstag, es sei bislang kein Konzept bekannt, das Staatshilfe notwendig machen würde. "Es ist nicht mal eine Voranfrage an uns herangetragen worden", sagte Hartmut Möllring. Auch beim Bund liegen weiterhin keine Anträge vor.

Conti und Schaeffler lehnten eine Stellungnahme ab. Die Conti-Aktie notierte rund sieben Prozent im Minus.

Schaeffler hatte sich mit der kreditfinanzierten Übernahme von Conti verhoben und sich im Januar hilfesuchend an den Staat gewandt. Beide Unternehmen drückt ein Schuldenberg von zusammen rund 22 Milliarden Euro, die sie angesichts der Krise auf den Automärkten derzeit nicht abtragen können.

Kräfteverhältnis kehrt sich um

Die Bundesregierung hat zwar verschiedene Möglichkeiten geschaffen, die durch die Finanzkrise in Schieflage geratenen Unternehmen zu unterstützen. Für Unternehmen, bei denen die Ursachen der Probleme tiefer liegen, will sie nicht in die Bresche springen und nimmt auch deren Pleite in Kauf, wie der Fall Arcandor am Dienstag zeigte.

Bei Conti und Schaeffler kippt unterdessen das Kräfteverhältnis, wodurch - wie im Fall von Volkswagen und Porsche - aus dem einstigen Käufer der Gekaufte werden könnte: Der Conti-Aufsichtsrat sprach sich am Montag in Hannover für die Zusammenführung der beiden Unternehmen unter der Führung von Conti aus und beauftragte den Vorstand, die finanzielle Tragfähigkeit eines solchen Vorhabens zu prüfen. Bis Ende Juli soll über ein Konzept entschieden werden. Bis dahin sollen auch Alternativen ausgelotet werden.

Das Familienunternehmen aus Herzogenaurach hält derzeit mit 49,9 Prozent die Mehrheit an Conti, weitere 40 Prozent sind bei Banken geparkt. Nun soll das gesamte operative Geschäft in die Continental AG eingebracht werden. Conti sollen so viele Schulden aufgebürdet werden, wie Schaeffler wert sei, heißt es in Conti-Kreisen.

Unklar ist aber noch die Bewertung Schaefflers und die Höhe des zusätzlichen Kapitalbedarfs. Im Zuge der Transaktion werden wohl die Gläubigerbanken Haupteigner des gemeinsamen Konzerns.

Sie sträuben sich gegen Abschreibungen und würden daher auch gerne Staatsbürgschaften für einen Teil der Kredite sehen. "Ganz vom Tisch ist das Thema noch nicht", hieß es in Finanzkreisen.

Darauf werde derzeit nur wenig Energie aufgewendet. Der Fall Arcandor zeige allerdings, wie prekär die Lage ohne Staatshilfe werde könne.

© sueddeutsche.de/Reuters/hgn/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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