Samstagsessay:Kontinent der Verlierer

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Illustration: Sara Scholz (Foto: Illustration: Sara Scholz)

Nirgends auf der Welt sind die Einnahmen so ungleich verteilt wie in Lateinamerika. Seit dem Kolonialismus arbeiten die Eliten einem System zu, das den Globus in Gewinner und Verlierer einteilt.

Von Sebastian Schoepp

In Bolivien gibt es einen Berg, der Cerro Rico heißt, reicher Hügel. Er ist mit 4800 Metern Höhe mehr als ein Hügel, er überragt die Stadt Potosí, ja er ist eigentlich der Grund für ihre Existenz. Der Cerro Rico ist ausgehöhlt und abgefressen. Es gibt Befürchtungen, dass er bald einstürzen könnte, so tief haben Bergleute Stollen in sein Innerestes getrieben, um Silber und andere Bodenschätze herauszuholen. Viele sind darin gestorben, "dieser Berg frisst Menschen", hat der uruguayische Kolonialismuskritiker Eduardo Galeano mal geschrieben. In Wahrheit ist der reiche Berg ein Symbol der Armut. Solche Orte gibt es viele in Lateinamerika: Minas Gerais in Brasilien, die Ölfelder von Maracaibo in Venezuela, La Oroya in Peru, lange Zeit als dreckigster Ort der Welt bekannt. Aber auch in den Bananenplantagen von Costa Rica kann man sich fühlen wie in einem Bergwerk. Es ist heiß und schmutzig und stickig, wer dort schuftet, lebt nicht lange, allein schon wegen der Giftwolken der Sprühflugzeuge.

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