Sam Zell und Tribune:Harley im Büro

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Tadellos unartig: Investor Sam Zell versteht etwas von Immobilien - und schlechten Manieren. Aber mit der Zeitungsgruppe Tribune ist er gescheitert.

Nikolaus Piper

Es war eine angekündigte Katastrophe. Am Montag musste das Zeitungshaus Tribune in Chicago Gläubigerschutz nach Kapitel 11 des US-Konkursrechts anmelden.

Kleidet sich betont nachlässig und schimpft gerne: Sam Zell (Foto: Foto: Bloomberg)

Damit ist die Übernahme der Gruppe - zu ihr gehören die Chicago Tribune und die Los Angeles Times - durch den Investor Sam Zell nach nur 18 Monaten spektakulär gescheitert. Und anders als bei vielen anderen riskanten Deals haben die meisten Experten das schlimme Ende bei der Tribune von Anfang an kommen sehen. Das hat viel zu tun mit der Person Sam Zell.

Imperium für Büroimmobilien

Zell versteht nichts von Zeitungen, und er behauptet dies auch nicht. Der 67-Jährige machte sein Vermögen mit Immobilien, genauer: mit Schrottimmobilien. Sein Talent, das auch seine zahlreichen Gegner anerkennen, lag darin, Potential in heruntergekommenen Gebäuden und Grundstücken zu erkennen.

Auf diese Weise baute er ein stolzes Imperium für Büroimmobilien namens Equity Office Properties (EOP) auf. Zell zeichnet sich durch ebenso schlechten Geschmack wie schlechte Manieren aus. Er scheute sich nicht, bei Verhandlungen zu fluchen und andere zu beschimpfen. Er kleidet sich betont nachlässig, der wichtigste Einrichtungsgegenstand seines Büros ist eine große Harley Davidson.

Im Februar 2007 verkaufte Zell EOP für 39 Milliarden Dollar an den Finanzinvestor Blackstone. Manche glaubten damals, er habe ein schlechtes Geschäft gemacht, doch vermutlich konnte er nichts Besseres tun, als sich aus dem Immobiliengeschäft zurückzuziehen, solange dies noch ging. Anschließend suchte er nach neuen Aufgaben, und er fand sie im Zeitungsgeschäft.

Die Hauptaktionäre der Tribune-Gruppe, die alte Verlegerfamilie Chandler, war mit ihren schwindenden Erträgen unzufrieden und wollte ihre Anteile loswerden, und zwar Hals über Kopf. Es war der richtige Moment für den Hasardeur Sam Zell.

Schnelles Geld

Er überbot im letzten Augenblick ein Konsortium reicher Investoren aus Los Angeles, deren Ziel es gewesen war, die Los Angeles Times zu retten. Sein Vorteil: Er konnte den desolaten Chandlers schnell Geld liefern, insgesamt 8,2 Milliarden Dollar. Dafür lud er der Tribune eine riesige Schuldenlast auf und verpfändete das Pensionsvermögen der Mitarbeiter. Er selbst musste nur 315 Millionen Dollar in den Deal einbringen.

Vielleicht wäre das Vabanquespiel aufgegangen, hätte die Finanzkrise nicht den Verkauf von Vermögenswerten, etwa den der Baseball-Mannschaft Chicago Cubs, vereitelt. Vielleicht wäre es auch gutgegangen, hätte Zell etwas von Zeitungen verstanden.

Das tat er aber nicht und bewies dies immer wieder. Das Budget des Washingtoner Korrespondenten-Büros zählte er zu den (verzichtbaren) Gemeinkosten, weil dort ja keine Gewinne erwirtschaftet würden. Jetzt kann Zell immerhin zeigen, ob er ein zahlungsunfähiges Unternehmen retten kann.

Zell kam in Chicago als Kind polnisch-jüdischer Einwanderer zur Welt, die 1939 aus der Heimat flohen, bevor die deutsche Wehrmacht Polen besetzte. Sein Vater änderte den Familiennamen Zielonka in Zell. Dem Magazin Forbes zufolge liegt Zell mit einem Vermögen von fünf Milliarden Dollar in der Liste der reichsten Amerikaner an 68. Stelle.

© SZ vom 10.12.2008/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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