Russischer Ölboss:Der Machtmensch aus dem Osten

Lesezeit: 3 min

Rosneft-Chef Sergej Bogdantschikow gehört zu den Hauptprofiteuren der Zerschlagung des Yukos-Konzerns - wurde er doch über Nacht zum Chef des zweitgrößten russischen Ölunternehmens. Nun bringt er Rosneft an die Börse.

Daniel Brössler

Die Katastrophe ereignete sich im Mai 1995 am östlichen Rande Russlands. Ein schweres Erdbeben erschütterte die Insel Sachalin und zerstörte die Ölarbeiter-Siedlung Neftegorsk. 2000 Menschen starben.

Rosneft-Chef Sergej Bogdantschikow. (Foto: Foto: dpa)

Das Sagen hatte dort ein junger Mann namens Sergej Bogdantschikow - zu jener Zeit der Generaldirektor der lokalen Ölfirma Sachalinmorneftegaz. Für "Tapferkeit" und die "effektive Organisation der Rettungsarbeiten" wurde Bogdantschikow später mit dem "Orden der Ehre" ausgezeichnet. Es sollte nicht sein letzter bleiben.

Mittlerweile ist Bogdantschikow auch Träger des Ordens "Für Verdienste um das Vaterland" und darf sich "Verdienter Arbeiter der Öl-und Gasindustrie Russlands" nennen.

Die Meinungen gehen auseinander

Um wen sich der Manager genau verdient gemacht hat, darüber gehen die Meinungen in Russland freilich auseinander. Sicher ist, dass er sich als Vorstandschef des staatlichen Rosneft-Konzerns großes Ansehen im Kreml erworben hat.

Wenn der Börsengang von Rosneft am Freitag wie erwartet zum Erfolg wird, dann wird dieses Ansehen weiter steigen - und damit die Macht des Konzernbosses.

Bogdantschikow kann mit Recht behaupten, das Öl-Handwerk von der Pike auf gelernt zu haben. Geboren 1957 im Dorf Bogdanowka im Gebiet Orenburg, ging er zum Studium ans Öl-Institut nach Ufa und bestand dort 1981 mit Auszeichnung.

Sowjetische Industriekarriere

Im gleichen Jahr trat er einen Job in der Ölindustrie auf Sachalin an und durchlief fortan eine typische sowjetische Industriekarriere. Die trug ihn bis Anfang der neunziger Jahre weit genug nach oben, um ihn zu den Profiteuren des Kapitalismus und der Privatisierung zu machen.

1993 wurde Bogdantschikow Generaldirektor von Sachalinmorneftegaz und es dauerte nicht lang, bis man in Moskau auf den zupackenden Direktor aus Fernost aufmerksam wurde.

Dies dürfte indes weniger im Zusammenhang mit heldenhaftem Verhalten während des Erdbebens gestanden haben als mit der gewachsenen Bedeutung von Sachalin in der Erdölgewinnung. 1997 wurde Bogdantschikow zum Vizepräsidenten des staatlichen Rosneft-Konzerns und zum regionalen Koordinator der Firma für Russlands fernen Osten.

Rosneft-Präsident seit 1998

Der Weg nach ganz oben war jetzt nicht mehr lang. Per Regierungsanordnung 1479-r vom 14.10.1998 wurde Bogdantschikow zum Rosneft-Präsidenten ernannt.

Das Datum ist bedeutsam, weil es deutlich vor dem Amtsantritt von Staatspräsident Wladimir Putin zum Jahreswechsel 1999-2000 liegt. Im Kreis der Bosse der Kreml-AG zählt Bogdantschikow - anders als Gazprom-Chef Alexej Miller - somit zu jenen, die ihren Aufstieg nicht Putin verdanken.

Dennoch verstand sich der Öl-Mann darauf, exzellente Beziehungen in die Moskauer Machtzentrale aufzubauen. Nur dank dieser Kontakte konnte er eine von Putin gewünschte und schon angekündigte Fusion von Rosneft mit dem Gasmonopolisten Gazprom abwehren. Seit diesem Erfolg gilt Bogdantschikow im Moskauer Machtdschungel als großes Tier.

Besonders innig entwickelte sich das Verhältnis zu Igor Setschin, einem der Vizechefs der Präsidialverwaltung. Der Vertraute Putins ist seit 2004 Aufsichtsratschef von Rosneft.

Er spielte eine Hauptrolle bei der Inhaftierung des Milliardärs Michail Chodorkowskij und der Zerstörung von dessen Yukos-Konzern. Davon ist der in Sibirien einsitzende frühere Yukos-Chef überzeugt.

Kremlnahe Geschäftsleute

In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte er: "Die Zerschlagung von Yukos ist durch den Putin-Helfer Igor Setschin mit Hilfe kremlnaher Geschäftsleute initiiert worden."

Das Duo Setschin-Bogdantschikow war effizient. Wegen angeblicher Steuerschulden kam im Dezember 2004 die Yukos-Tochter Yuganskneftegaz unter den Hammer. Zum Schnäppchenpreis von 9,4 Milliarden Dollar erhielt die Briefkastenfirma Baikal Finance Group den Zuschlag.

"Diebstahl"

Wenige Tage später gehörte das Unternehmen Rosneft. Ein schlecht angesehener staatlicher Zwerg war unter den ansonsten privaten russischen Ölfirmen über Nacht in die Spitzengruppe aufgestiegen - dank eines Verfahrens, das Chodorkowskij-Anwälte als "Diebstahl" bezeichnen. "Wir glauben, dass das Thema des Kaufs von Yuganskneftegaz abgeschlossen ist", machte Bogdantschikow sich und den potenziellen Rosneft-Anlegern Mut.

Bogdantschikow begegnet solchem Ärger selbstbewusst. Investoren präsentiert er sich hemdsärmlig. Die Ölproduktion in Russland nehme zu, die Investitionen steigen, schwärmt er und verspricht: "Kein Unternehmen ist besser positioniert, zu diesem Erfolg beizutragen und davon zu profitieren."

Die Zahlen scheinen ihn zu bestätigen. Rosneft bezeichnet sich nach dem Produktionsvolumen gerechnet als zweitgrößte Ölfirma Russlands und nach den Reserven gerechnet sogar als zweitgrößtes Ölunternehmen der Welt.

Handlungsspielraum vergrößert sich

Diesen Rang freilich nimmt es dank der Yukos-Zerschlagung und nicht zuletzt der Hilfe aus dem Kreml ein. Nach dem Börsengang dürfte sich Bogdantschikows Handlungsspielraum erhöhen, doch die Direktiven werden weiterhin aus der politischen Machtzentrale kommen.

Darauf weist Rosneft sogar in seinem Börsenprospekt hin. Dort wird eingeräumt, dass der Staat als Mehrheitsanteilseigner Entscheidungen treffen könnte, die nicht unbedingt an der Wertsteigerung des Unternehmens orientiert sein müssen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: