Rüstung:Hensoldt will in Italien zukaufen

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Hensoldt-Chef Thomas Müller will den Radar- und Sensoren-Hersteller mit Übernahmen zu einem europaweit führenden Rüstungselektronik-Unternehmen ausbauen. Am naheliegendsten wäre die Übernahme der Verteidigungselektronik des italienischen Großaktionärs Leonardo, wie Müller im Club Wirtschaftspresse München sagte. "Das wäre ein möglicher Weg in die Zukunft" und auch kurzfristig denkbar, machte er deutlich. Während in den USA wenige Rüstungskonzerne den Markt dominieren, gilt die europäische Branche als stark zersplittert. Müller sagte, Hensoldt wolle die Branche aktiv konsolidieren und nicht geschluckt werden.

"Langfristig müssen wir mit den Amerikanern auf Augenhöhe sein", fügte Müller an. Als Spezialisten für die Auswertung von Gefechtsfeld-Daten mit Künstlicher Intelligenz (KI) sehe er den deutschen Konzern in einer guten Ausgangslage. Bei der staatlich kontrollierten Leonardo, die 25,1 Prozent an Hensoldt hält, soll der frühere Energiewende-Minister Roberto Cingolani nach dem Willen der Regierung in Rom Alessandro Profumo als Vorstandschef ablösen. "Man kann auch mit Thales sprechen", sagte Müller mit Blick auf den größeren französischen Rüstungskonzern - auch wenn Frankreich die Verteidigung als strategische Industrie betrachte. "Frankreich wird sich irgendwann der normativen Kraft des Faktischen beugen, dass man nicht alles allein machen kann", sagte der Hensoldt-Chef.

Müllers designierter Nachfolger Oliver Dörre, der den Posten in knapp einem Jahr übernehmen soll, kommt von der Deutschland-Tochter von Thales. Auch im Inland seien Zusammenschlüsse möglich. "Es gibt auch Bereiche von Rheinmetall, mit denen wir gut zusammenarbeiten könnten", sagte Müller. Hensoldt sei in einem intensiven Austausch mit der Bundesregierung und mit Leonardo. Der Bund ist über die Staatsbank KfW mit ebenfalls 25,1 Prozent der zweite Großaktionär von Hensoldt. Die Rüstungsbranche erlebt seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine einen Boom. Hensoldt hofft auf milliardenschwere Aufträge aus dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen für die Bundeswehr. Der Krieg in der Ukraine zeige die Bedeutung der elektronischen Kampfführung, zu denen Hensoldt etwa die Radare für das Luftverteidigungssystem Iris-T beisteuert. Nur dank der modernen Technik könne sich die Ukraine gegen einen zahlenmäßig übermächtigen Gegner zur Wehr setzen, sagte der ehemalige Bundeswehr-Offizier Müller. Das 100-Milliarden-Programm helfe, Lücken in der Ausrüstung zu füllen und Planungssicherheit zu bekommen, sagte Müller.

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