Rückzug aus London:Angst vor Brexit

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Die Deutsche Bank bereitet sich auf den Fall vor, dass Großbritannien die Europäische Union verlassen könnte. Ein Teil des Europageschäfts könnte dann verlagert werden - entweder nach Paris oder nach Frankfurt.

Von Björn Finke

Seit 1873 ist die Bank in dem Land tätig, heute beschäftigt sie dort 9000 Mitarbeiter an 16 Standorten. Ein großer Teil der Investmentbanker hat sein Büro in der Hauptstadt dieses Landes. Da aber jenes Land, das Vereinigte Königreich, in einigen Jahren vielleicht nicht mehr Mitglied der Europäischen Union sein könnte, plant die Deutsche Bank schon einmal vorsorglich, welche Abteilungen und wie viele Angestellte sie in dem Falle aus Großbritannien abziehen wird. Eine Konzernsprecherin sagte am Dienstag, die Bank habe eine hochrangig besetzte Arbeitsgruppe eingerichtet, welche die Folgen eines möglichen EU-Austritts durchspiele. Die Überlegungen befänden sich allerdings noch in einem sehr frühen Stadium, entschieden sei nichts.

Der konservative Premierminister David Cameron, der vor zwei Wochen die Parlamentswahlen gewonnen hat, will die Bürger bis spätestens 2017 über einen Verbleib in der EU abstimmen lassen. Vorher möchte er die Bedingungen der Mitgliedschaft Großbritanniens neu verhandeln und Kompetenzen zurück nach London holen. Zwar spricht sich eine Mehrheit der Briten in Umfragen für einen Verbleib aus, trotzdem sind viele Unternehmen besorgt: Sollte es doch zum Brexit kommen, zum Austritt des Landes, könnte das den Zugang heimischer Firmen zum wichtigsten Exportmarkt, eben der EU, gefährden.

Verbandsvertreter warnen, dass Manager allein schon wegen der Unsicherheit bis zum Referendum Investitionen verschieben könnten; sie fordern deshalb, die Abstimmung möglichst rasch anzusetzen. Zu den vehementesten Gegnern eines Austritts gehören die Banken in London, Europas größtem Finanzplatz. Sie betreuen von der Themsestadt aus auch Kunden in der Euro-Zone - das könnte nach einem Brexit schwieriger werden. In London haben mehr als 250 ausländische Banken Niederlassungen.

Verlagern sie Abteilungen, würden davon Finanzzentren in Euro-Ländern wie Frankfurt, Dublin oder Luxemburg profitieren. Bei einem britischen Exit würden "wir sehr wahrscheinlich einen beträchtlichen Teil unseres Europageschäfts von London in die Euro-Zone verschieben. Die nächstliegenden Bewerber wären Paris und Frankfurt", sagt etwa Michael Sherwood, Vize-Chairman der US-Bank Goldman Sachs.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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