Rückzieher bei bulgarischem Kernkraftwerk:Banken beugen sich Öko-Gruppe

Lesezeit: 2 min

Auf Druck einer westfälischen Umweltgruppe könnte ein milliardenschweres Reaktorprojekt in Bulgarien platzen. Die Deutsche Bank und Unicredit verzichten nun auf Finanzierung.

Michael Bauchmüller

Das "hohe Reputationsrisiko" habe die Banken zum Einlenken gezwungen, hieß es am Freitag aus Bankenkreisen. An der Bewertung des Projekts, auch der ökologischen, habe sich nichts geändert. Der Schritt gehe allein auf Proteste der Gruppen Urgewald, Ausgestrahlt und ihrer europäischen Partner zurück.

Die hatten in der vorigen Woche in ganz Europa vor Banken protestiert, in Deutschland unter anderem vor den Toren der Unicredit-Tochter HypoVereinsbank. Die kommende Woche sollte zur "Aktionswoche" gegen das umstrittene Kernkraftwerk werden. Stärker als bisher sollte auch die Deutsche Bank in den Fokus rücken.

Die hatte am Donnerstag als erste eingelenkt. "Die Deutsche Bank entscheidet über die Beteiligung von Finanzierungen bei Vorlage von Umweltverträglichkeits- und Sicherheitsprüfungen, die die entsprechenden Standards erfüllen", teilte sie in einem Brief mit. "An der Finanzierung des Kernkraftwerks Belene werden wir uns nicht beteiligen."

"Geschäftspolitische Gründe" für den Rückzug

Am Donnerstagabend zog auch die HypoVereinsbank nach: Die Unicredit-Gruppe habe sich "entschlossen, sich aus geschäftspolitischen Gründen aus dem Bieterkreis zur Finanzierung des Baus zurückzuziehen", schrieb HVB-Chef Wolfgang Sprißler an Urgewald.

"Die Gruppe verweist jedoch darauf, dass dieses kein grundsätzlicher Ausstieg aus der Finanzierung von Atomkraft ist." Das Geldinstitut habe nicht allein Zielscheibe für Proteste sein wollen, hieß es in Bankenkreisen.

Großer Erfolg für Umweltgruppe

Für die Umweltgruppe ist der Schwenk ein spektakulärer Erfolg. Nur noch zwei Baukonsortien sind derzeit in der engeren Wahl: Der tschechische Reaktorbauer Skoda und die russische Atomstroyexport, die ein Angebot zusammen mit der deutsch-französischen Framatome abgegeben hat.

Die Angebote umfassen sowohl Bau als auch Finanzierung des rund 2,5 Milliarden Euro teuren Projekts. Doch nach der Absage der zwei Banken wird die Finanzierung für die beiden Konsortien schwieriger. Unicredit habe ursprünglich Gespräche mit beiden Konsortien geführt, das russische habe mit der Deutschen Bank kooperieren wollen, hieß es. "Das Projekt hat einen herben Rückschlag erlitten", jubelte Urgewald-Chefin Heffa Schücking.

Eine Sprecherin des staatlichen bulgarischen Energiekonzerns NEK-EAD bestritt dies am Freitag. "Darüber, wer das Projekt finanziert, diskutieren wir erst, wenn entschieden ist, wer es baut."

Kraftwerk an rumänisch-bulgarischen Grenze

Diese Entscheidung soll in den nächsten vier Wochen fallen. Belene, gelegen an der Donau-Grenze zu Rumänien, ist seit 20 Jahren umstritten. Erste Bauarbeiten begannen 1987, wurden aber 1990 eingestellt. Umstritten ist das Projekt vor allem deshalb, weil die Region als erdbebengefährdet gilt.

Zudem sollen Teile des Kernkraftwerks auf Fundamenten entstehen, die sowjetische Techniker in den achtziger Jahren geplant und errichtet hatten. Auch alte, schon gelieferte Bauteile sollen in die Reaktoren Belene 1 und 2 verbaut werden. Die Umweltgruppen wollen ihre Proteste daher ungeachtet des Banken-Rückziehers fortsetzen. "Wer Reaktoren finanzieren will, braucht ein dickes Fell", warnt Schücking.

© SZ vom 21. - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: