Rubik's Cube:Der Würfel wird fallen

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Entworfen hatte Ernõ Rubik den Zauberwürfel 1974 ursprünglich, um das räumliche Denken seiner Studenten zu verbessern. (Foto: imago)

Am Donnerstag entscheidet sich nach langem Streit, ob der Zauberwürfel rechtlich geschützt ist.

Von Michael Kläsgen, München

Der Zauberwürfel hat schon vielen Menschen Kopfzerbrechen bereitet, darunter dem Erfinder selbst. Nachdem der ungarische Bauingenieur und Architekt Ernő Rubik an seinem dreidimensionalen Werk gedreht hatte, sagte er: "Es war wie ein Geheimcode, den ich selbst erfunden hatte, aber nicht mehr entschlüsseln konnte!" Knifflig ist die Sache auch für Juristen. Seit mehr als 20 Jahren streiten sie darüber, wie es sich mit den Rechten an der Marke des Zauberwürfels verhält: ob das Design, diese bunte Gitterstruktur, geschützt werden kann. Und ob der Rubik's Cube, so sein offizieller englischer Name, von anderen nachgebaut werden darf. An diesem Donnerstag entscheidet das Gericht der Europäischen Union (EuG) darüber. Die Entscheidung wird zwar nicht unmittelbar rechtskräftig, aber den jahrzehntelangen Rechtsstreit voraussichtlich beenden.

Das EuG in Luxemburg galt früher als "Gericht erster Instanz", wurde aber in diesem Jahr aufgewertet, auch wenn der Europäische Gerichtshof (EuGH) weiterhin das letzte Wort hat. Markenrechtlerin Susan Kempe-Müller bei der Kanzlei Hengeler Mueller in Frankfurt sagt deswegen: "Es ist zu erwarten, dass die Entscheidung des Gerichts in diesem Verfahren die letzte sein wird und der EuGH nicht mehr zum Markenrecht Stellung nimmt." Denn seit Mai kann der EuGH Rechtsmittel in Verfahren nicht zuzulassen, wenn zuvor bereits das EuG und eine unabhängige Beschwerdekammer entschieden haben. Im Fall des Zauberwürfels ist das so.

Die entscheidende Frage ist, ob das Design für sich steht oder Ausdruck einer Technik ist

Der EuGH hatte 2016 geurteilt - und wird höchstwahrscheinlich bei seiner Meinung bleiben. Demnach können Hersteller das Design in bestimmten Fällen markenrechtlich nicht schützen. Es sieht daher ziemlich gut aus für all jene, die einen eigenen Zauberwürfel entwickeln wollen oder längst gebaut haben, wie etwa der deutsche Spielwarenhersteller Simba Toys. Die Simba-Dickie-Group macht dem britischen Hersteller des Rubik's Cube den Markenschutz des Design seit 2006 streitig.

Seine Argumentation: Bei dem Zauberwürfel handelt es sich um eine technische Lösung, und die könne nicht durch eine Marke geschützt werden. Der EuGH folgte dem 2016 weitgehend. Weder das Europäische Markenamt EUIPO noch das EuG hätten in den Vorinstanzen hinreichend geprüft, ob die Form des Würfels eine technische Lösung enthalte. Für Laien übersetzt heißt das, erklärt am Beispiel Stuhl: Ein Stuhl hat immer eine waagerechte Sitzfläche. Ohne diese Form wäre ein Stuhl nicht zum Sitzen geeignet. Die Form ist sozusagen vorgegeben, sonst wäre der Stuhl kein Stuhl. Deswegen kann sich niemand "den Stuhl" markenrechtlich schützen lassen. "Der Gesetzgeber möchte dadurch vermeiden, dass solche Formen durch das Markenrecht zugunsten eines Einzelnen monopolisiert werden können", erklärt Kempe-Müller.

Rubik hat seine Lehre längst gezogen

Das Urteil, so es denn kommt und vom EuGH bestätigt wird, kann daher auch Auswirkungen auf andere Markenhersteller haben, etwa auf die Verpackung von Ritter-Sport-Schokolade oder Lego-Bausteine. Auch da könnten Nachahmer bald Rechtssicherheit bekommen, so wie wahrscheinlich die Simba-Dickie-Group.

Ernő Rubik wird das alles aus der Ferne in Budapest verfolgen oder auch nicht. Er hatte den Würfel eigentlich entworfen, um das räumliche Denkvermögen seiner Studenten zu verbessern. Schließlich verkauften sich davon mehr als 350 Millionen Stück. Er sei dadurch zwar nicht reich wie Bill Gates geworden, sagte er mal in einem Interview, aber für seine Kinder und Enkelkinder sei gesorgt. Die Sache mit der Marke habe er allerdings unterschätzt. "In meinem nächsten Leben", fügte Rubik hinzu, "werde ich Anwalt."

© SZ vom 24.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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