Rohstoffmarkt:Ölpreis sinkt auf Niveau von 2004

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Für den Preisverfall gibt es zwei Ursachen: Zum einen wird die Nachfrage schwächer - etwa, weil Länder wie China weniger Energie brauchen. Zum anderen liefern sich die Förderländer einen ruinösen Preiskampf.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die Preistafeln der Tankstellen erzählen vom massiven Preisverfall an den Rohstoffmärkten. So kostet der Liter Diesel-Kraftstoff vielerorts weniger als einen Euro. Für die Verbraucher ist das ein Vorteil - der Profit der Produzenten hingegen sinkt. Seit Mitte 2014 hat sich der Preis je Barrel Öl der Sorte Brent von 114 auf 36 Dollar gedrittelt. Allein in den letzten zehn Tagen verlor Europas bedeutendster Ölpreis zehn Prozent, und am Montag notierte das Barrel Brent mit 36,05 Dollar so niedrig wie seit 2004 nicht mehr. Der Preis für die US-Ölsorte WTI fiel mit 34,31 Dollar auf ein Siebenjahrestief.

Es gibt immer noch viele Experten, die ein baldiges Ende der Ölreserven mit steigenden Preisen prognostizieren. Doch jetzt ist das Angebot riesengroß. Der Rohstoff wird zum Billigprodukt. Die Fachleute der Investmentbank Goldman Sachs erwarten, dass der US-Ölpreis im kommenden Jahr bis auf 20 Dollar sinkt.

Für diese Entwicklung gibt es zwei Ursachen. Zum einen wird die Nachfrage schwächer. Zum anderen liefern sich die Förderländer einen ruinösen Preiskampf. Es geht um Marktanteile. Vor allem Saudi-Arabien möchte die Opec zu mehr Förderdisziplin erziehen und gleichzeitig der amerikanischen Schieferöl-Produktion schaden.

Dabei sind viele Länder auf einen Preis von 100 Dollar pro Fass oder mehr angewiesen, um ihre Staatsausgaben zu finanzieren. Zahlreiche Förderprojekte sind schon bei 40 Dollar pro Fass nicht mehr wettbewerbsfähig. Das betrifft insbesondere Projekte außerhalb der USA und des Nahen Ostens. Die Produktion von Öl aus kanadischen Teersanden und die Ölförderung in der Nordsee sind bei diesen Marktpreisen ebenso wenig rentabel wie riesige Offshore-Projekte und entlegene Fördergebiete rund um den Globus. Doch niemand gibt in diesem Kampf nach.

Auslöser für den aktuellen Preiseinbruch soll denn auch die erneut gestiegene Zahl der Ölbohrungen in den USA gewesen sein, wo in der vergangenen Woche an 541 Stellen nach Öl gebohrt wurde, so der Ölindustrie-Dienstleister Baker Hughes. Das entspreche einem Plus von 17 Bohrlöchern. "Der US-Produktionsanstieg bei diesen niedrigen Ölpreisen deutet darauf hin, dass die Schieferöl-Förderer ihr Produktionsniveau halten wollen", heißt es von Analysten der ANZ Bank. Dabei sind die Öltanks bereits prall gefüllt: Die US-Ölreserven stiegen vergangene Woche auf 491 Millionen Barrel. "Das ist der höchste Stand für diese Jahreszeit seit 1930", sagten die Experten.

Auch der milde Winter hat Auswirkungen: Der Bedarf an Heizöl geht zurück

Schieferöl wird mithilfe des umstrittenen Fracking-Verfahrens mit hohem technischen und finanziellen Aufwand aus dem Gestein gelöst. Der US-Ölboom der vergangenen Jahre ist einer der Gründe für das aktuelle Überangebot. Gleichzeitig fluten die Opec-Staaten den Weltmarkt mit Öl. Am Wochenende bekräftigte der irakische Ölminister, dass das Kartell an dieser Politik festhalte. Dadurch wollen sie Konkurrenten mit höheren Förderkosten aus dem Markt drängen. Die rückläufige Nachfrage tut ihr Übriges: Der milde Winter reduziert den Heizölbedarf spürbar. China braucht wegen geringerer Wachstumsraten tendenziell weniger Öl. Das gilt allerorten, da die gesamte Weltwirtschaft langsamer wächst als vor der Finanzkrise.

© SZ vom 22.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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