Rentabilität:Degussa vor drastischem Umbau

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Der Chemiekonzern Degussa soll mit aller Macht auf Rendite getrimmt werden. Die Unternehmensberatung Boston Consulting schlägt daher vor, die zweite Management-Ebene ersatzlos zu streichen.

Hans Willy Bein und Karl-Heinz Büschemann

Der Großaktionär RAG trimmt seine Chemietochter Degussa mit aller Macht auf Rendite. Das von Firmenchef Utz-Hellmuth Felcht zusammen mit der Beratungsgesellschaft McKinsey erarbeitete Programm zur Verbesserung der Rentabilität um 300 Millionen Euro bis zum Jahr 2008 reicht dazu offenbar nicht aus.

Degussa-Zentrale in Düsseldorf. (Foto: Foto: AP)

Daher wurde die Boston Consulting Group (BCG) beauftragt, zusätzliche Vorschläge für Strategie und Organisation zu erarbeiten. Das Ergebnis liegt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung inzwischen vor und wird derzeit als Entscheidungsvorlage für die Aufsichtsratssitzung am 13. Dezember umgesetzt.

20 Bereichsvorstände

Boston Consulting schlägt einen drastischen Umbau der Führungsstruktur der Chemiegruppe vor. So soll die zweite Management-Ebene entfallen. Die Degussa hat einen vierköpfigen Vorstand, unter dem sich fünf Bereichsvorstände befinden. Darunter wiederum werden 20 so genannte Business Units geführt. Den Plänen der Berater zufolge sollen die Ebene der Bereichsvorstände abgeschafft werden. Damit soll die Struktur des Konzerns vereinfacht werden.

Gleichzeitig gibt es nach Informationen der Süddeutschen Zeitung "erste Überlegungen", sich von der Bauchemie zu trennen, von der große Teile im bayerischen Trostberg angesiedelt sind, weitere Standorte sind im Ausland. Ein Degussa-Sprecher sagte dazu am Sonntag: "Es gibt viele Gerüchte ohne Rückhalt in der Realität. So etwas kommentieren wir nicht."

Die Degussa sieht sich im Geschäft mit Bauchemikalien weltweit als Marktführer. Die Sparte setzte 2004 mit knapp 7400 Mitarbeitern annähernd 1,8 Milliarden Euro um. Die Pläne sorgen nach Informationen aus dem Unternehmen bei der Belegschaft für erhebliche Unruhe.

Vielzahl traditionsreicher Chemieunternehmen

Die Degussa mit ihren fünf Unternehmensbereichen ist aus einer Vielzahl von traditionsreichen Chemieunternehmen wie der Namensgeberin Degussa, der Goldschmidt AG, der Hüls AG oder SKW Trostberg zusammengelegt worden. Das Unternehmen setzte 2004 mit 45.000 Mitarbeitern 11,2 Milliarden Euro um.

Die heutige Degussa ist damit ein Chemie-Konglomerat. Schon länger wird geplant, Firmenteile zu veräußern, die nicht in eine Wachstumsstory passen. So sollen etwa Teile der so genannten NCN-Chemie, die Chemikalien für Feuerwerkskörper herstellt und in der Region von Trostberg konzentriert ist, in eine eigene Gesellschaft ausgelagert und möglicherweise bald verkauft werden. Allein dieser Bereich umfasst etwa 2000 Beschäftigte.

Den Verkauf des Nahrungsmittelzusatzgeschäfts und der Metallurgiesparte hatte die Degussa in den letzten Monaten bereits abgeschlossen. Bis zum Jahresende soll nach früheren Ankündigungen von Degussa-Chef Felcht auch der Verkauf der Wasserchemie-Aktivitäten unter Dach und Fach sein.

Wechsel bei Großaktionären

Der Umbau der Degussa steht in engem Zusammenhang mit dem anstehenden Wechsel bei den Großaktionären. Der Düsseldorfer Eon-Konzern, der noch etwa 43 Prozent der Degussa-Anteile hält, will sich im kommenden Jahr von diesem Aktienpaket trennen. Dabei steht er strikter Beobachtung der eigenen Aktionäre, denn die Erlöse aus dem Verkauf sind den Eon-Anteilseignern als Sonderausschüttung zugesagt worden.

Eon ist vertraglich verpflichtet, die Degussa-Aktien der Hauptaktionärin anzubieten. Dies ist die RAG. Die frühere Ruhrkohle, die an ihrem eigenen Börsengang arbeitet, ist nach früheren Angaben an einer kompletten Übernahme der Eon-Anteile interessiert. Bisher sind ihr die Aktien dem Vernehmen nach aber noch nicht angeboten worden.

Ob es wirklich zu der geplanten Übernahme kommt hängt auch von den Konditionen ab. Nicht völlig ausgeschlossen ist daher auch, dass im kommenden Jahr die Degussa komplett zum Verkauf steht.

Noch kein Gutachten

RAG hat dem Vernehmen nach ein Konsortium aus mehreren Banken damit beauftragt, Finanzierungsvorschläge für einen Kauf der Degussa-Aktien zu erarbeiten. Bisher gibt es aber noch keine Wertgutachten und keine Empfehlungen. Ohne derartige Gutachten dürften noch keine Verkaufsbeschlüsse für große Teile der Degussa fallen.

Die Degussa wird nach früheren Angaben wegen hoher Wertberichtigungen für die Feinchemie 2005 einen Verlust inder Größenordnung von 450 Millionen Euro einfahren. Auch wenn es bisher noch keine Entscheidung über die Streichung der Dividende für dieses Geschäftsjahr gibt, tun die Aktionäre gut daran, sich auf einen Ausfall der Aufschüttung einzustellen. Die Großaktionäre werden die Dividende wohl nicht, wie schon vor zwei Jahren, erneut aus der Substanz zahlen.

© SZ vom 28.11.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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