Renault:Noch ein Machtkampf

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Sorge um die Arbeitsplätze bei Renault: Die französische Regierung hatte Gutes im Sinn, als sie ankündigte, ihre Beteiligung aufzustocken. (Foto: Philippe Huguen/AFP)

Krisentreffen in Paris: Dass der französische Staat seinen Anteil am Autohersteller erhöhen will, verärgert den japanischen Partner Nissan.

Von Leo Klimm, Paris

Es brodelt bei Renault: Konzernchef Carlos Ghosn sucht die Machtprobe mit dem wichtigsten Aktionär des Autoherstellers - dem französischen Staat. Der Vorstand des Unternehmens entschied am Donnerstag, einen Antrag für die kommende Hauptversammlung zu unterstützen, der diese Vorschrift außer Kraft setzen würde. In einer Mitteilung verlangte Renault zudem, das Gleichgewicht der beiden Hauptaktionäre - der Staat und Nissan - zu wahren. Vergangene Woche hatte die französische Regierung angekündigt, ihren Anteil an Renault vorübergehend von bisher 15 auf dann knapp 20 Prozent aufzustocken. Dieser Zukauf, bei dem die Deutsche Bank als Gehilfin des französischen Finanzministeriums fungiert, dürfte es dem Staat angesichts des ansonsten hohen Streubesitzes bei Renault-Aktien erlauben, auf der Hauptversammlung am 30. April das Sagen zu haben. Denn ein seit dem Jahr 2014 geltendes Gesetz räumt jenen Aktionären, die seit mehr als zwei Jahren Anteile an einer Firma halten, doppeltes Stimmengewicht ein. Die Regel kann nur umgangen werden, wenn die Hauptversammlung sie per Beschluss aufhebt. Genau das hat Ghosn vor: Der Konzernchef plant einen entsprechenden Antrag - den der Staat dank des erhöhten Aktienanteils nun jedoch niederstimmen wird. Das Unternehmen selbst wollte sich offiziell zur Sache nicht äußern - auch Frankreichs Finanzminister Michel Sapin gab sich wortkarg. Er versicherte jedoch, der Staat wolle nicht "Renault anstelle der Manager leiten, aber die Entwicklung beeinflussen. Der Staat hat weder die Möglichkeit noch den Willen, die Macht an sich zu reißen", beschwichtigte der Minister. Der Streit mit dem Hauptaktionär könnte Manager Ghosn, der in der Autobranche lange Kultstatus besaß, durchaus gefährlich werden, sollte er die Konfrontation auf die Spitze treiben.

Ghosn ist als Manager bekannt, der besonders ungern Macht teilt. Als sein damaliger Vize Carlos Tavares 2013 Ansprüche auf seine Nachfolge anmeldete, reagierte Ghosn sofort mit dem Rauswurf des Rivalen. Die Aufstockung des Staatsanteils stellt den Konzernchef allerdings auch vor ein ganz anderes Problem, das im Pariser Finanzministerium womöglich nicht bedacht wurde: Ghosn ist in Personalunion auch Chef des japanischen Partners Nissan, mit dem Renault seit 1999 über einen Aktionärspakt verbunden ist. Er muss auch den japanischen Interessen gerecht werden.

Viele Verwaltungsräte sind empört über das Vorgehen der Regierung

Frankreichs Versuch, den Einfluss auf Renault zu stärken, könnte sich daher als Bumerang erweisen. Seit Jahren heißt es in der Autobranche, die Japaner seien unzufrieden über die Verteilung der Gewichte in der Renault-Nissan-Allianz. Nun könnten sie, da die Aktionärsstruktur ohnehin in Bewegung gerät, Paris mit eigenen Forderungen konfrontieren. Grund dazu hätten sie: Renault kontrolliert 44 Prozent von Nissan. Der japanische Partner, der an der Börse doppelt so viel wert ist wie Renault, hält aber nur 15 Prozent an der französischen Firma - und hat null Stimmrechte. In den Krisenjahren bis 2013 stammte ein Großteil des Gewinns von Renault aus der Beteiligung an Nissan.

Der Wirtschaftszeitung Les Echos zufolge sind viele Renault-Verwaltungsräte aufgebracht über das Vorgehen der Regierung. Auch dem deutschen Renault-Partner Daimler, der drei Prozent am Konzern hält, stößt es womöglich sauer auf. Laut Arbeitnehmervertreter Richard Gentil bleiben Ghosn nun zwei Möglichkeiten, das Manöver des Staates zu verhindern: "Entweder sie erhöhen das Stimmenquorum bei der Hauptversammlung oder sie reaktivieren Nissan-Stimmen." Voraussetzung dafür sei aber, dass Renault schnell seinen eigenen Anteil an dem japanischen Konzern unter 40 Prozent senke. Klar ist: Entscheidet sich Ghosn für eine der Optionen, zündet er damit auch die nächste Eskalationsstufe.

© SZ vom 17.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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