Reichensteuer auch für Unternehmen:Steinbrück darf mehr kassieren

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Für den Finanzminister ist es eine gute Nachricht, für die Wirtschaft eine schlechte: Der Plan der großen Koalition, den Zuschlag zur Einkommensteuer nur bei Privatpersonen zu erheben, geht nicht auf. Es ist offenbar verfassungswidrig, Mittelständler von der Steuer auszunehmen.

Ulrich Schäfer

Die Reichensteuer soll zum 1. Januar 2007 eingeführt werden. Union und SPD hatten im November vereinbart, für Topverdiener mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Euro die Einkommensteuer von 42 auf 45 Prozent zu erhöhen; für Verheiratete soll der Zuschlag von einem Einkommen von 500.000 Euro an gelten. Union und SPD haben im Koalitionsvertrag aber gewerbliche Einkünfte davon ausgenommen. Mittelständler, die ebenfalls der Einkommensteuer unterliegen, sollten verschont bleiben.

Das Kanzleramt, das Finanzministerium sowie das Innen- und Justizministerium sind nun jedoch zu der Erkenntnis gekommen, dass dies "nicht mit dem Gleichheitssatz des Artikels 3 Absatz 1 des Grundgesetzes vereinbar ist". Die Experten des Finanzministeriums warnen in einer internen Analyse davor, dass eine solche Sonderregel "mit Rechtsmitteln angegriffen werden dürfte".

Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) will gleichwohl an der Reichensteuer festhalten. Er hatte sich schon in den Koalitionsverhandlungen vehement dafür eingesetzt und den Zuschlag auf die Einkommensteuer seither immer wieder verteidigt. Ein Verzicht auf die Reichensteuer lasse sich "nicht vertreten", heißt es in dem Papier des Finanzministeriums. Denn die Koalition wolle auch die Entfernungspauschale kürzen oder die Zeit verringern, in der Kindergeld gezahlt wird. "Eine dazu parallele, gezielte Belastung der Besserverdienenden ist daher unverzichtbar", heißt es dort.

Steinbrück: "Steuerquote nicht weiter erhöhen"

Auch der finanzpolitische Obmann der CSU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Bernhardt, geht fest davon aus, dass die Steuer zum 1. Januar 2007 eingeführt wird. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Sozialdemokraten das aufgeben werden", sagte er. Die Verfassungsprobleme könnten gelöst werden.

Nach Angaben aus dem Finanzministerium und aus Kreisen von Union und SPD wird nun ein zweistufiges Vorgehen angestrebt: Im Jahr 2007 würde die Reichensteuer auch alle Personengesellschaften treffen, die entsprechend viel verdienen. Der Fiskus würde dadurch im besten Fall bis zu 1,3 Milliarden Euro zusätzlich einnehmen.

Im Jahr 2008 würde dann die ohnehin geplante Reform der Unternehmensteuern in Kraft treten: Mittelständler könnten dann, wenn sie dies wollen, alle Gewinne, die sie in ihren Betrieb investieren, so versteuern wie große Konzerne - voraussichtlich mit einem Satz von knapp unter 30 Prozent. Eine Reichensteuer würde nicht fällig. Schüttet das Unternehmen hingegen die Gewinne aus und nutzt der Firmenchef diese privat, muss er darauf wie bisher die Einkommensteuer von bis zu 42 Prozent zahlen und zusätzlich die Reichensteuer. Über die genaue Regelung soll am 1. Mai der Koalitionsausschuss beraten.

Steinbrück sagte am Dienstag auf dem Bankentag in Berlin, dass er über die beschlossenen Steuererhöhungen hinaus "die Steuerquote in Deutschland nicht erhöhen will". Die Steuerquote sei nach der unvermeidbaren Erhöhung der Mehrwertsteuer im kommenden Jahr hoch genug. Steinbrück stellte sich damit gegen Forderungen des designierten SPD-Vorsitzenden Kurt Beck. Dieser will die Steuerquote erhöhen. CSU-Chef Edmund Stoiber attackierte Beck deswegen heftig. Die "Steuererhöhungsphantasien" der Sozialdemokraten würden "mit der Union niemals gemeinsame Regierungspolitik".

© SZ vom 26.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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