Reformer:Ein Hauch von Tragik

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Peter Hartz ist wieder da - mit einem Konzept gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Den Mann, der einst bei VW mit der Vier-Tage-Woche Tausende von Jobs rettete und die Arbeitsmarktreform für Kanzler Schröder entwickelte, lässt das Thema einfach nicht los.

Von Thomas Öchsner

Peter Hartz, 75, lässt sein Lebensthema einfach nicht los. Der frühere Manager, der einst bei VW mit der Vier-Tage-Woche Tausende Jobs rettete und später als Leiter einer Regierungskommission für den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder die Arbeitsmarktreformen entwickelte, hat seinen Kampf gegen Arbeitslosigkeit auch im Ruhestand nicht aufgegeben. Deshalb ist der frühere VW-Arbeitsdirektor an diesem Dienstagmorgen sogar nach Berlin gekommen, um, wie er sagt, "ein paar neue Ideen vorzustellen".

Die Stimme des Mannes, der zu seinem Leidwesen zum Namenspatron von Hartz IV wurde ("Hätte ich Leutheusser-Schnarrenberger geheißen, wäre mir das erspart geblieben"), ist mittlerweile brüchiger geworden. Doch an den typischen Hartz-Begriffen hat sich nicht viel geändert: Vor 15 Jahren redete er von der Ich-AG und dem Job-Floater, heute vom "Beschäftigungsradar" und "Zeitwertpapieren". Und große Worte sind auch wieder zu hören: Mehrmals sagt Hartz, das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Europa und der Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschlands sei "lösbar". Man müsse nur endlich anfangen.

Die Grundzüge seines Konzepts hatte der ältere Herr mit den weißen Haaren bereits Ende 2013 vorgelegt, mit mehreren Fachleuten in dem Buch "Wege aus der Arbeitslosigkeit". Es sieht vor, Netzwerke von jeweils etwa 20 Langzeitarbeitslosen zu bilden, genannt "Minipreneure". Dort werden sie von "A-Trainern" betreut, im Idealfall Menschen, die selbst einmal arbeitslos waren. In ihren Gruppen sollen die Langzeitarbeitslosen ihre Talente entdecken und sich später selbständig machen, eine Arbeit finden oder mit Hilfe des Jobcenters einen subventionierte Arbeitsstelle bekommen. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt dafür den Mindestlohn. Dieser wird mit dem niedrigen Lohn des Arbeitgebers verrechnet, den dieser tatsächlich zahlt. Arbeitslosen Jugendliche will Hartz über einen staatlichen Fonds Ausbildungsplätze finanzieren. Sein Wunschtraum: Deutschland und Frankreich setzen diese Ideen gemeinsam um. Die Chancen dafür seien unter dem neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron so gut wie noch nie, sagt der Saarländer in der Bundespressekonferenz.

Hartz hatte allerdings schon mit Macrons Vorgänger François Hollande über sein Konzept gesprochen - zum Ärger der Linken in Frankreich. Passiert ist danach nichts. Und auch in Deutschland scheiterten Versuche, mit Arbeitsbehörden Pilotprojekte auf den Weg zu bringen. Jetzt sagt Hartz, er sei "zuversichtlich, dass die Bundesregierung unsere Ideen aufgreift". Das aber dürfte der Wunsch eines Mannes bleiben, um den Politiker spätestens seit seiner Verurteilung in der VW-Affäre um Schmiergeld und Lustreisen sicherheitshalber einen ganz großen Bogen machen.

Es hat einen Hauch von Tragik. Hartz kann nicht loslassen. Aber hören mag ihn kaum einer mehr.

© SZ vom 10.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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