Reaktion auf Fuson-Chef:"Wir hängen in der Luft"

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Das Verschwinden von Guo Guangchang beschäftigt die deutsche Finanzbranche: Er wollte zwei deutsche Privatbanken übernehmen.

Von Harald Freiberger, München

Bislang schlug es in Deutschland keine großen Wellen, wenn in China ein Firmenchef unter mysteriösen Umständen verschwand. Im Fall von Guo Guangchang, 48, ist das anders. Seine Beteiligungsgesellschaft Fosun war zuletzt in Deutschland sehr aktiv, und so blicken nun einige Unternehmen mit Bangen nach China.

Guo war ab Donnerstag Mittag auf seinem Handy nicht mehr zu erreichen. Er soll am Flughafen von Shanghai von Polizisten abgeführt worden sein. Das Wirtschaftsmagazin Caixin schrieb, es gebe Ermittlungen wegen Korruption gegen ihn. Die Nachricht erschütterte auch die Börsen in China. Die Aktie von Fosun fiel am Freitag um elf Prozent, dann wurde sie vom Handel ausgesetzt. Der Shanghai Composite Index verlor 2,6 Prozent. Fosun bestätigte am Freitag, Guo unterstütze die Behörden bei "bestimmten Untersuchungen". Man sei mit ihm in Kontakt, das Geschäft laufe normal.

Bei BHF gibt es Widerstand, doch bei Hauck & Aufhäuser sind die Chinesen willkommen

Der Fall beschäftigt auch die deutsche Finanzbranche. Fosun kündigte im Sommer kurz hintereinander an, bei zwei Privatbanken die Mehrheit übernehmen zu wollen: bei Hauck & Aufhäuser sowie bei der BHF-Bank. Es wäre das erste Mal, dass ein chinesischer Investor ein deutsches Geldhaus übernimmt. Der Name Guo Guangchang ist seitdem in aller Munde. Nun stellt man sich die Frage, was aus den Plänen von Fosun werden soll.

Die Ausgangslage bei den beiden Privatbanken ist unterschiedlich. An Kleinwort Benson, dem Eigentümer der BHF-Bank, ist das Unternehmen schon mit etwa 20 Prozent beteiligt. Im Juni kam es zu einem Streit mit den anderen Anteilseignern. Fosun kündigte darauf an, die BHF-Bank ganz übernehmen zu wollen. Den anderen Eigentümern bot er dafür 5,10 Euro pro Aktie an. Diese organisierten unter der Führung der französischen Privatbank Oddo jedoch ein höheres Gegenangebot über 5,75 Euro pro Aktie.

Gleichzeitig gab es in den vergangenen Tagen jedoch eine positive Nachricht für Fosun: Die Aufsichtsbehörden Bafin und EZB haben grundsätzlich keine Einwände gegen die Firma als Mehrheitseigner der BHF-Bank. Das ist das Ergebnis einer monatelangen Prüfung, einem sogenannten Inhaberkontrollverfahren. Trotzdem standen die Chancen von Fosun zuletzt schlecht, da auch Oddo die Einwilligung von den Aufsichtsbehörden bekam.

Bei der kleineren Privatbank Hauck & Aufhäuser steht die Zustimmung der Aufsicht noch aus. Es ist aber davon auszugehen, dass die Behörden keine grundsätzlichen Einwände haben. Bei Hauck & Aufhäuser ist die Eigentümerstruktur für Fosun auch einfacher: Die 70 Anteilseigner, darunter die Unternehmerfamilien Mast ("Jägermeister") und Heraeus, haben schon signalisiert, dass sie verkaufen würden; Fosun hat ihnen mit 210 Millionen auch einen sehr guten Preis geboten. Im Unterschied zur BHF-Bank ist Fosun bei Hauck & Aufhäuser auch willkommen. Man hofft darauf, dass die Chinesen neue Kunden und Ruhe in die Bank bringen, die seit Jahren in der Krise ist.

Das Verschwinden von Guo verkompliziert die Lage. Sollte er wirklich wegen Korruption verurteilt werden, stellt sich die Frage, ob sein Unternehmen überhaupt eine Zukunft hat - auch wenn die Führung auf die anderen beiden Eigentümer übergehen könnte. Die andere Unsicherheit ist, ob Fosun seinen Expansionskurs nach Europa fortsetzen würde, und ob die deutschen Aufsichtsbehörden das Unternehmen nicht erneut prüfen müssten. "Wir hängen in der Luft", heißt es bei einer der Privatbanken.

© SZ vom 12.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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