Quartalsberichte:Selbst Amazon kämpft

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Im Weihnachtsgeschäft wird wohl mehr los sein bei Amazon. Das Internetkaufhaus hat deshalb Zehntausende Mitarbeiter eingestellt. (Foto: Bodo Schackow/dpa)

Die Lieferengpässe machen auch dem weltweit größten Onlinehändler zu schaffen - und der Personalmangel.

Von Michael Kläsgen, München

Der weltweit größte Onlinehändler Amazon hat im dritten Quartal etwa 50 Prozent weniger verdient als im Vorjahreszeitraum. Auch die Umsatzzuwächse fielen deutlich geringer aus, und der Ausblick für das Gesamtjahr liegt unter den Erwartungen von Analysten. Das Abflauen des Online-Booms nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie, anhaltende globale Lieferschwierigkeiten und fehlende Arbeitskräfte in den USA werden als Hauptgründe für die Schwäche des Konzerns genannt. Der Aktienkurs sackte zeitweise um mehr als vier Prozent ab.

Mit Apple verkündete ein weiterer US-Techkonzern fast zeitgleich schlechte Nachrichten. Apple-Chef Tim Cook warnte vor einem längerem Anhalten der Chipkrise, von dem alle Produkte des Konzerns betroffen seien. Die negativen Ausblicke belasteten am Freitag zunächst auch den deutschen Leitindex Dax.

Der Start des neuen Amazon-Chefs Andy Jassy fällt damit in eine Zeit des Umbruchs. "Es war die erste Bekanntmachung von Andy Jassy, ohne dass die Nachricht vom Jeff Bezos' Weggang die Diskussion prägte", sagt Handelsexperte Andy Halliwell vom Beratungshaus Publicis Sapient. Man habe merken können, wie sich der Ton ändert und Jassy sich in seine neue Rolle einlebt. "Dies dürfte jedoch niemanden interessieren, solange das Unternehmen die meisten seiner Schlüsselkennzahlen verfehlt und die Rendite für die Aktionäre ganz anders ausfällt als erwartet." Die Gewinne seien unter das Worst-Case-Szenario der meisten Analysten gefallen. Sie hätten deutlich unter den erwarteten acht, neun Dollar pro Aktie gelegen.

Jassy kündigte an, das Ziel sei, alle Weihnachtsgeschenke pünktlich auszuliefern. Allein im dritten Quartal seien deswegen 133 000 Mitarbeiter eingestellt worden. Amazon beschäftige inzwischen fast 1,5 Millionen Menschen. Der Konzern unternehme alles, um die Folgen der Engpässe für die Kunden abzuschwächen. Das sei zwar teuer, zahle sich langfristig aber aus.

Im laufenden vierten Quartal rechnet Amazon mit Erlösen zwischen 130 und 140 Milliarden Dollar. Damit blieb der Konzern hinter den Erwartungen an das wegen Weihnachten und Thanksgiving wichtigste Vierteljahr für Händler zurück. Der Umsatz war zwar von Juli bis September vor allem dank florierender Geschäfte der Cloud-Sparte AWS um 15 Prozent auf knapp 111 Milliarden Dollar gewachsen. Das war allerdings das kleinste Plus seit Beginn der Corona-Krise. Dafür lag der fast halbierte Gewinn immer noch bei etwa 3,2 Milliarden Dollar. "Amazon ist und bleibt das Maß aller Dinge für den Handel", sagt Onlinehandelsexperte Nils Seebach. "Daran ändert auch ein vermeintlich schwaches Quartal im E-Commerce-Segment nichts."

© SZ vom 30.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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