Prozess um Stromanbieter-Pleite:Teldafax-Vorstand bricht sein Schweigen

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  • Im Teldafax-Prozess in Bonn erklärt sich einer der drei Hauptangeklagten.
  • Ex-Vorstand Gernot Koch räumt eine Mitverantwortung für eine mögliche Insolvenzverschleppung ein.
  • Hunderttausende Kunden sollen Geld verloren haben, als der Stromanbieter 2011 Insolvenz anmeldete.
  • Der Fall Teldafax ist eine der größten Insolvenzen der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

Von Jannis Brühl, Bonn

Pleite mit zahllosen Geschädigten

Im Verfahren gegen drei ehemalige Teldafax-Vorstände hat sich am zweiten Verhandlungstag einer der Angeklagten geäußert. Der langjährige technische Vorstand Gernot Koch gestand explizit keine Schuld ein, übernahm aber teilweise Verantwortung für eine etwaige Insolvenzverschleppung. Allerdings nahm er auch andere Teldafax-Mitarbeiter, Berater und Medien in die Verantwortung an der unübersichtlichen Situation bei Teldafax. Er könnte mit seiner Aussage mit einer Bewährungsstrafe davonkommen, wenn sie zur Aufklärung beiträgt. Das hat ihm die Staatsanwaltschaft angeboten.

Die Teldafax-Pleite ist eine der größten Insolvenzen der Bundesrepublik. Mit der Pleite des Stromanbieters haben möglicherweise Hunderttausende Kunden Geld verloren. Über Jahre hatte Teldafax Kunden mit Niedrigstpreisen geködert. Die günstigen Tarife wurden mit den Vorauszahlungen von Neukunden finanziert. Verluste wurden in Kauf genommen, und Strom teilweise unterhalb des Einkaufspreises verkauft.

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwälte gehen davon aus, dass die Angeklagten den Insolvenzantrag zwei Jahre zu spät - im Jahr 2011 - gestellt haben. Teldafax sei durch Steuernachforderungen in Millionenhöhe schon seit Sommer 2009 zahlungsunfähig gewesen. Grund für die Pleite war das riskante Geschäftsmodell, das auf den Vorauszahlungen der Kunden beruhte. Die Anklage lautet auf Insolvenzverschleppung, gewerbsmäßigen Betrug in 241 Fällen sowie Bankrotthandlungen.

Die Aussage des Angeklagten

Der ehemalige Vorstand Koch übernahm die Verantwortung dafür, zwischen Juli 2009 und Februar 2010 keinen Insolvenzantrag gestellt zu haben, obwohl das möglicherweise rechtlich geboten gewesen wäre. Er argumentierte in seiner einstündigen Erklärung, dass er zu verunsichert gewesen sei, um einen Antrag zu stellen: Teldafax' Rechtsanwälte, externe Berater sowie das Hauptzollamt, dem Teldafax Stromsteuern schuldete, hätten widersprüchliche Aussagen gemacht, ob ein Insolvenzantrag nötig sei. Spätestens nachdem Koch Ende 2010 neues Kapital, unter anderem von russischen Investoren, gesichert hatte, sei er überzeugt gewesen, dass die Firma ausreichend liquide gewesen sei.

Koch äußerte sich auch zu dem Chaos, dass bei Teldafax in den letzten Monaten vor dem Insolvenzantrag geherrscht habe: In der Spitze hätten die Teldafax Services 10 000 E-Mails und Briefe pro Tag erreicht. Weil die Bank des Unternehmens diesem kein Lastschriftverfahren mehr erlaubte, mussten Kunden Rechnungen geschrieben werden, die Briefe stapelten sich.

Koch gab auch den Medien eine Schuld an der Überforderung seiner Mitarbeiter: Wegen deren Berichterstattung über eine Schieflage bei Teldafax hätten sich viele verunsicherte Kunden gemeldet, um die sich seine Mitarbeiter kümmern mussten - Koch zufolge wichtige Zeit, die von der dringend nötigen Ordnung der Buchhaltung abging.

Auf den Vorwurf, dass Teldafax ein "Schneeballsystem" gewesen sei, ging Koch nicht ein. Kochs Aussage erhöht den Druck auf die anderen beiden angeklagten Ex-Vorstände Klaus Bath und Michael Josten. Sie schweigen bisher.

Der Prozess

Es ist der zweite Anlauf im Teldafax-Verfahren. Der erste Prozess war im März 2014 nach zwei Verhandlungstagen abgebrochen worden. Die Verteidigung hatte die Zusammensetzung des Gerichts gerügt, woraufhin sich die kurzfristig eingerichtete Hilfskammer für nicht zuständig erklärte. Damit musste das Strafverfahren neu aufgerollt worden, es könnte noch mehr als ein Jahr dauern.

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Prozess um Stromanbieter
:Teldafax-Verteidigung beantragt Einstellung des Verfahrens

Es geht um eine der größten Firmenpleiten überhaupt: Drei Ex-Manager des Stromanbieters Teldafax stehen wieder vor Gericht. Ihnen werden gewerbsmäßiger Betrug, Insolvenzverschleppung und Bankrotthandlungen vorgeworfen. Nur einer der Angeklagten zeigt sich kooperativ.

Von Jannis Brühl
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