Nach den vorerst gescheiterten Honorarverhandlungen für die etwa 130.000 niedergelassenen Ärzte droht ein bundesweiter Mediziner-Streik. Sollten die gesetzlichen Krankenkassen ihr Angebot nicht deutlich aufbessern, seien massive Proteste nicht mehr zu vermeiden, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, der Süddeutschen Zeitung am Freitag in Berlin. "Dann ist das Feuer an die Lunte einer sehr unzufriedenen Ärzteschaft gelegt."
Erinnerungen an das Jahr 2006
Die KBV vertritt die Interessen der Kassenärzte und verhandelt deren Honorare. Sie darf aber selbst nicht zu einem Streik aufrufen. Bisher sei es seiner Organisation gelungen, den Zorn der Mediziner und ihrer Verbände in Zaum zu halten, sagte der KBV-Chef: "Das könnte sich jetzt ändern." Er schloss Streiks in der Größenordnung nicht aus, wie sie es zuletzt 2006 gegeben hatte. Damals blieben immer wieder Tausende Praxen tageweise geschlossen. 30.000 Kassenärzte zogen nach Berlin, um gegen die Gesundheitsreform zu protestieren.
Die KBV hatte die Verhandlungen mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) am Donnerstagabend unterbrochen. Sie fordert eine Erhöhung der Gehälter um 4,5 Milliarden Euro. Nach Köhlers Aussagen sind die Kassen jedoch lediglich bereit gewesen, 1,4 Milliarden Euro zu zahlen. "Das ist völlig inakzeptabel", sagte er.
Köhler verwies dabei auf Kanzlerin Angela Merkel, die den Ärzten bereits eine Honorarsteigerung von mindestens 2,5 Milliarden Euro zugesagt habe. Der GKV-Spitzenverband bezifferte sein Angebot hingegen auf rund zwei Milliarden Euro. Der Verhandlungsführer der Kassen, Johann-Magnus von Stackelberg, warf den Ärzten vor, ihre Forderung auf Kosten der Beitragszahler durchsetzen zu wollen. Er forderte die KBV auf, wieder an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Ähnlich äußerte sich auch ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Eine neue Verhandlungsrunde ist für Ende August angesetzt.