Nein, sagt der Sprecher des Nürnberger Arbeitsgerichts, die Richterin Silja Steindl rede jetzt mit niemandem, nicht einmal mit ihm selbst.
Während er wegen Medienanfragen aus ganz Deutschland seit zwei Tagen vom Telefon kaum noch wegkommt, sei die promovierte Juristin "völlig abgetaucht".
In aller Ruhe bereite sie sich auf die Verhandlung an diesem Freitag vor, wenn sie über einen Widerspruch der Lokführergesellschaft GDL zu entscheiden hat. Dieser richtet sich gegen den Beschluss, den die 46-Jährige selbst am Mittwoch unter dem Aktenzeichen 13 Ga 65/07 erlassen hat.
Die Lokführer dürften vorläufig zumindest nicht streiken, weil sie damit nicht nur der Deutschen Bahn AG, "sondern der gesamten Volkswirtschaft insbesondere in der Hauptreisezeit immense wirtschaftliche Schäden" zufügen würden, hatte Steindl entschieden.
Einschränkung des Streikrechts
Sie habe "Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Streiks". Diese Einschränkung des Streikrechtes "im Rahmen einer Gesamtabwägung" sei "angesichts der irreversiblen Folgen derzeit eher hinzunehmen, als einen möglicherweise rechtswidrigen Streik zuzulassen".
Eine Rechtsposition, die heftige politische Debatten ausgelöst hat, die Gewerkschaften bis hin zur GDL-Konkurrenz Verdi auf die Palme bringt und selbst unter Steindls Berufskollegen höchst umstritten ist.
"Ein Witz" sei das Urteil seiner Nürnberger Kollegin, sagte der Bremer Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler. Es verletze das Grundrecht auf Streik.
Im Alleingang vom Schreibtisch
Silja Steindl traf die Entscheidung im Alleingang vom Schreibtisch aus. Da der Lokführer-Ausstand bereits am nächsten Morgen hätte beginnen sollen, sei keine Zeit zur mündlichen Verhandlung geblieben.
Seit 2001 richtet sie am Nürnberger Arbeitsgericht. Sie ist Vorsitzende der 13.Kammer, der außer ihr noch zwei ehrenamtliche Richter angehören. Anders als Kammern an Straf- und Zivilgerichten sind jene am Arbeitsgericht nicht nach juristischen Zuständigkeitsbereichen aufgeteilt.
"Bei uns macht jeder alles", sagt der Gerichtssprecher. Soll heißen: Die eingehenden Verfahren werden nach der Reihenfolge ihres Eingangs reihum verteilt. Durch puren Zufall also kam Richterin Steindl zum bislang aufsehenerregendsten Fall ihrer Karriere.
Freundlich im Ton
Über deren frühere Stationen hüllt man sich am Nürnberger Arbeitsgericht "aus Datenschutzgründen" in Schweigen. In örtlichen Juristenkreisen heißt es, Silja Steindl führe ihre Verfahren freundlich und verbindlich im Ton, in der Sache aber sei sie sehr nüchtern, sachlich, bisweilen kühl und einzig daran interessiert, Gesetzesparagraphen ohne Rücksicht auf die jeweiligen Streitparteien korrekt anzuwenden.
Wer so arbeitet, tut dies in der Regel unauffällig. Nur einmal sorgte Steindl bislang für lokale Schlagzeilen. Nämlich als sie Thomas Brunner, einen beliebten ehemaligen Fußballprofi des 1. FC Nürnberg, in einer Streitsache mit seinem früheren Arbeitgeber "knallhart abblitzen ließ", wie die Abendzeitung formulierte.
Nun registrierte das Boulevardblatt genüsslich, Silja Steindl errege seit Mittwoch soviel Aufsehen wie zuletzt die Fürther Landrätin Gabriele Pauli mit ihren Latex-Fotos.