Private Sicherheitskräfte für deutsche Handelsschiffe:Sheriffs gegen Piraten

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Piraten greifen vor Somalia deutsche Handelsschiffe an - wer darf auf die Kriminellen schießen? Reeder wollen Bundeswehrsoldaten an Bord, aber das würde gegen das Grundgesetz verstoßen. Jetzt haben sich die Unternehmer mit der Regierung auf eine Notlösung geeinigt.

Joachim Käppner

Die Greta, das Schiff einer deutschen Reederei, fuhr vor der Küste des friedvollen Sultanats Oman. Dennoch blieb sie nicht unbehelligt. Anfang dieser Woche näherte sich ein schnelles Piratenboot - ein Überfall somalischer Freibeuter, die inzwischen weit von den heimischen Basen entfernt operieren. Ein Schwesterschiff war kürzlich ausgeraubt worden. Doch die Greta setzte sich zur Wehr. Bewaffnete an Bord feuerten Warnschüsse ab, das Piratenschnellboot drehte eilends ab.

Piraten und Geiseln warten vor Somlias Küste mit erhobenen Händen darauf, dass niederländische Soldaten an Bord kommen. Die deutsche Regierung will jetzt die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass Schiffe auch private Sicherheitsleute zur Verteidigung an Bord haben dürfen. (Foto: REUTERS)

Auf manchen deutschen Schiffen ist längst schon Realität, was nun der Sicherheitsexperte der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), der Neuen Osnabrücker Zeitung verkündet hatte: Auf deutschen Handelsschiffen sollen künftig private Sicherheitsleute mitfahren dürfen. Die Koalition werde die Rechtsgrundlagen dafür schaffen. So soll ein alter Konflikt zwischen deutschen Reedern und der Regierung gelöst werden. Die Schiffseigner fordern Begleitkommandos an Bord ihrer vor Somalia fahrenden Schiffe, und zwar "hoheitliche Kräfte", deutsche Polizisten oder Soldaten.

"Für uns ist der Einsatz privater Sicherheitsleute nur die zweitbeste Lösung", sagte Max Johns vom Verband deutscher Reeder der Süddeutschen Zeitung: "Aber wenn es nicht möglich ist, Soldaten oder die Bundespolizei an Bord zu nehmen, sind die Privaten natürlich eine Alternative für den Schutz der Seeleute." Und der habe angesichts der zahlreichen Überfälle höchste Priorität.

Jährlich passieren mehr als 1700 deutsche Schiffe das gefährliche Seegebiet vor Somalia. Zwar geht auch die deutsche Marine dort im Rahmen der Mission "Atalanta" gegen Piraten vor. Begleitschutz durch die Bundeswehr direkt an Bord deutscher Schiffe aber, also auf deutschem Hoheitsgebiet, ist schwer möglich: Das Grundgesetz verbietet den Inlandseinsatz des Militärs. Der Bundespolizei fehlen die Kapazitäten. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) lehnt Uhls Vorschlag ab: "Für mich ist das eine hoheitliche Aufgabe", sagte ihr Vorsitzender Bernhard Witthaut.

Die kleinere Polizeigewerkschaft dagegen, die zum Beamtenbund gehört, begrüßte Uhls Erklärung. Ihr Chef Rainer Wendt sagte der SZ: "Wir sind absolut dafür - weil der Bundespolizei leider die Kapazität fehlt, Begleittrupps für so viele Schiffe zu stellen." Dazu seien "wesentlich mehr" als 500 Beamte nötig - "und ich sehe keinen Politiker, der diese Stellen neu schaffen würde". Daher solle die Bundespolizei die privaten Wachdienste auf ihre Zuverlässigkeit prüfen. Dies sei "allemal besser als eine Grundgesetzänderung, die durch die Hintertür den generellen Einsatz der Bundeswehr im Inneren gestatten würde".

© SZ vom 18.8.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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