Pläne bis 2060:Gute Schulden, schlechte Schulden

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Schnecken in Athen - ein älterer Verkäufer bietet die Delikatessen außen vor dem zentralen Fischmarkt an. (Foto: Louisa Gouliamaki/AFP)

Die Euro-Finanzminister beraten über Haushaltspolitik und Griechenland. Sie sind sich weiter uneins.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die Euro-Finanzminister sind sich weiter uneins, ob solvente Staaten wie Deutschland oder die Niederlande eine lockerere Haushaltspolitik zur Ankurbelung der Wirtschaft einschlagen sollten. Dies hatte die EU-Kommission vorgeschlagen. In einer am Montag veröffentlichten Erklärung der Eurogruppe hieß es jedoch lediglich, dass Deutschland, Luxemburg und die Niederlande ihre gute Haushaltslage nutzen "könnten", um die Binnennachfrage und Wachstumsmöglichkeiten zu stärken. Dies hänge ab von den besonderen Umständen des Landes, während zugleich die mittelfristigen Ziele sowie die Vorrechte der jeweiligen Regierung und die nationalen Regeln respektiert werden müssten.

Die EU-Kommission hatte im November vorgeschlagen, dass im kommenden Jahr in der Euro-Zone insgesamt 0,5 Prozent der Wirtschaftsleistung mehr investiert werden könnten. Die Brüsseler Behörde erwähnte Deutschland dabei zwar zunächst nicht ausdrücklich, sie zog damit aber trotzdem heftige Kritik durch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auf sich, der ihr Kompetenzüberschreitung vorwarf. Für die gesamte Eurogruppe unterstrichen die Euro-Finanzminister die Balance zwischen der Nachhaltigkeit von Staatshaushalten und der Notwendigkeit, Investitionen zu fördern.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte, es habe zwar Übereinstimmung geherrscht, dass sich die Haushaltslage insgesamt verbessere und deshalb in der Zukunft mehr ausgegeben werden könne. "Aber eine Zahl oder ein Ziel auszugeben ist von der Eurogruppe nicht beschlossen worden." Mit der Erklärung der Euro-Finanzminister sei "das Thema jetzt vom Tisch", sagte ein EU-Diplomat. EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici räumte ein, dass er mit seinem Vorschlag gescheitert sei. "Man ist immer enttäuscht, wenn der eigene Punkt nicht aufgegriffen wird", sagte der Franzose.

Er wies aber darauf hin, dass eine "Pro-Wachstumspolitik" nicht generell abgelehnt werde. So wird in der Ministererklärung festgehalten, dass Mitgliedstaaten, die ihre mittelfristigen Haushaltsziele übertroffen haben, "Spielraum haben könnten, um Investitionen voranzustellen". Dieses Kriterium ist bei Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg erfüllt.

Am Abend berieten die Finanzminister über den Stand der Reformen in Griechenland. Die Euro-Gruppe einigte sich auf kurzfristige Schuldenerleichterungen. Der ESM will die derzeit niedrigen Zinsen nutzen, sodass Athen möglichst lange von diesen profitieren kann. Zu diesem Zweck wird der ESM Anleihen von einer Laufzeit bis zu 30 Jahren ausgeben und Zinstauschgeschäfte nutzen. In den kommenden Jahren wird das zwar zunächst zu höheren Kosten für Griechenland führen, aber den Staat bis 2060 stark entlasten (sollten die Zinsen wieder steigen). Außerdem soll die Durchschnittslaufzeit von Krediten des alten Rettungsfonds EFSF um vier Jahre verlängert und Athen eine Gebühr erlassen werden. Nimmt man alle Maßnahmen zusammen, könnte die griechische Schuldenlast im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung um gut 20 Prozent sinken - bis 2060. Offen ist nach wie vor, ob sich der Internationale Währungsfonds (IWF) am laufenden dritten Kreditprogramm beteiligt. Für Deutschland und die Niederlande ist dies unabdingbar. Der Fonds fordert von den Europäern allerdings konkrete Maßnahmen, wie das vereinbarte Haushaltsziel 2018 und in den darauf folgenden Jahren erreicht werden kann. In dieser Frage gab es keine Einigung. Das Ziel, dass der IWF bis Ende des Jahres über seine Beteiligung am Kreditprogramm entscheiden will, ist somit hinfällig.

© SZ vom 06.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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