Plädoyer im Schlachthof-Prozess:Billig und willig

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Hauptsache, das Fleisch ist günstig: Rund 1000 meist rumänische Leiharbeiter schufteten schwarz in deutschen Schlachthöfen. Jetzt soll der Arbeiter-Verleiher Axel H. büßen.

Im Düsseldorfer Prozess um systematische Schwarzarbeit in deutschen Schlachthöfen hat die Staatsanwaltschaft fünfeinhalb Jahre Gefängnis für den Unternehmer Axel H. gefordert. Er sei der Kopf eines bewusst unübersichtlichen Firmengeflechts gewesen, mit dem der Fiskus und die Sozialversicherungen um 15 Millionen Euro gebracht worden seien, sagte Staatsanwältin Bahar Yassini.

Die systematisch organisierte Schwarzarbeit in Schlachthöfen soll dem Unternehmer Axel H. fünfeinhalb Jahre Haft einbringen. (Foto: ddp)

Die Verteidigung des Unternehmers zeigte sich mit der Strafforderung einverstanden und betonte, dass die Schlachter mit Ausnahme der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß entlohnt worden seien. Das Urteil soll an diesem Donnerstag verkündet werden. "Sie werden Ihr Urteil im Namen eines Volkes sprechen, das billiges Fleisch haben will", sagte einer der Verteidiger an die Wirtschafts-Strafkammer von Richterin Brigitte Koppenhöfer gewandt.

Als Ursache für die aufgedeckten Praktiken spiele der Kostendruck in den Schlachthöfen eine wesentliche Rolle. Für sieben geständige Komplizen des Unternehmers wurden Strafen zwischen einem Jahr und acht Monaten sowie vier Jahren und zehn Monaten beantragt. Für die Hälfte der acht Angeklagten sollen die Strafen zur Bewährung ausgesetzt werden.

Die Arbeiter-Verleiher hatten von Dormagen aus rund 1000 meist rumänische Leiharbeiter in die Schlachthöfe geschickt und Steuern sowie Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen. Die Angeklagten hatten die Vorwürfe gestanden. Dadurch konnte der vor sechs Wochen gestartete Prozess erheblich verkürzt werden. Die Anklageschrift ist mehr als 900 Seiten stark und listet 1200 Einzeltaten auf. Gegenüber dem Finanzamt wurden die Leiharbeiter als Selbständige mit Werkverträgen geführt.

Die Mitangeklagten, darunter Ehefrauen, waren auch als Geschäftsführer der Subunternehmen eingesetzt, mit denen ein sogenanntes Umsatzsteuer-Karussell betrieben wurde. "Es wurden Scheinunternehmen gegründet und gezielt in die Insolvenz geschickt, um zu verhindern, dass die Vorsteuererstattung zurückgezahlt werden musste", erklärte die Anklägerin.

Rund 500 Polizisten und Steuerfahnder waren im Mai 2006 zu einer bundesweiten Großrazzia ausgerückt. 14 Schlachthöfe, eine Firmenzentrale eines Schlachthofbetreibers sowie 21 weitere Firmen und zwölf Privatwohnungen wurden durchsucht. Die Ermittler mussten anschließend eine Lagerhalle anmieten, um die beschlagnahmten 2000 Aktenordner unterzubringen. Eine Buchhalterin hatte gegenüber der Polizei als Erste ein Geständnis abgelegt.

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