Pharmazeuten verlangen Unterstützung:30.000 Euro mehr für jede Apotheke

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Gleiches Honorar trotz gestiegener Kosten: Der Branchenverband der Pharmazeuten fordert eine kräftige Aufstockung der Leistungen. CDU und SPD weisen den Vorstoß zurück, die Forderungen der Apothekerschaft seien "nicht nachvollziehbar".

Guido Bohsem, Berlin

Die Genugtuung in der Stimme von Heinz-Günter Wolf ist unüberhörbar. "Offenbar besinnt sich Celesio wieder darauf, wer seine Kunden sind", kommentiert der Chef der Apotheker-Organisation Abda den angekündigten Ausstieg des Pharma-Großhändlers aus der direkten Konkurrenz der deutschen Apothekerschaft. Jahrelang hatte Wolfs Organisation verbissen gegen Celesios Internet-Apotheke DocMorris gekämpft, um die gut 21.000 Apotheken in Deutschland zu schützen.

Glaubt man dem Abda-Chef, ist das bitter nötig. "Jede Woche schließen in Deutschland acht Apotheken, und nur vier machen neu auf", beklagt Wolf die Lage der Pharmazeuten. Die Anzahl der Apotheken sei auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren gesunken. Eine schleichende Aushöhlung der Versorgung mache sich breit. Inzwischen sei diese an manchen Orten in Deutschland in Gefahr.

Der Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes, Fritz Becker, liefert den Grund für die Entwicklung gleich mit. Das Honorar der Apotheker sei seit 2004 nahezu unverändert hoch, während die Kosten deutlich gestiegen seien: höhere Mieten, Löhne und Energiekosten. "Wir betreiben heute unsere Apotheken mit den Einnahmen von vor acht Jahren. Das geht nicht", argumentiert Becker. Er und Wolf fordern deshalb eine deutlich höhere Vergütung für die Pharmazeuten. Zusätzliche 624 Millionen Euro im Jahr seien jetzt dringend notwendig.

Vergleicht man die Statistik der Abda über die Jahre, ergibt sich ein weitaus weniger dramatisches Bild. So gab es im vergangenen Jahr gerade mal 67 Apotheken weniger in Deutschland als noch 2003. Es existieren noch 21.238 Apotheken, ihre Anzahl ist um gut 0,3 Prozent gesunken.

Nimmt man den Wert von 2008 - dem Jahr mit der höchsten Apothekenanzahl in den vergangenen zehn Jahren -, beträgt der Rückgang 1,7 Prozent. Setzt der Gesetzgeber die Forderung der Apotheker nach zusätzlichen 624 Millionen Euro um, so bedeutet das - rein rechnerisch - ein jährliches Plus von knapp 30.000 Euro pro Apotheke.

Für den gesundheitspolitischen Sprecher der Union, Jens Spahn, ist das entschieden zu viel. Die Union habe sich immer offen für berechtigte Forderungen der Apotheker gezeigt, sagte er. "Aber die Abda muss angesichts der Fülle der Wünsche aufpassen, dass sie nicht zu viele Bälle in der Luft hat. Sonst liegen nachher alle am Boden, und das Gejammer ist groß." Auch für den SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach kommt es nicht in Frage, den Forderungen der Apothekerschaft nachzugeben: "Ich halte diese Forderung für nicht nachvollziehbar, um es höflich auszudrücken."

Weniger höflich kommentiert der Spitzenverband der Krankenkassen die Forderung. Gerade in den Großstädten gebe es an jeder zweiten Straßenecke eine Apotheke, sagt ein Sprecher des Verbandes. Da sei eine Bereinigung angebracht. Auf dem Land müsse darauf geachtet werden, dass die gute Versorgungsstruktur mit Arzneimitteln erhalten bleibt. "Statt nur nach mehr Geld zu rufen, wünschten wir uns von der Apotheker-Lobby inhaltliche Vorschläge."

© SZ vom 28.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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