Personalien:Gutachter widerspricht Thüringer Rechnungshof

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Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke), Staatskanzleichef von Thüringen, und Heike Taubert (SPD), Finanzministerin von Thüringen. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Die Personalpolitik der Regierung bei Spitzenbeamten steht seit einem Rechnungshofbericht in der Kritik. Nach einem Gutachten im Auftrag der Opposition zu möglichen Verfehlungen liegt jetzt eines im Auftrag der Regierung vor.

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Erfurt (dpa/th) - Ein Gutachten des Rechtswissenschaftlers Florian Meinel kommt zu dem Ergebnis, dass die Landesregierung bei der Berufung von Staatssekretären keinen Rechtsverstoß begangen hat. Der Vorwurf des Rechnungshofs, die Landesregierung habe gegen den Grundsatz der Bestenauslese bei der Besetzung der Stellen für politische Beamte verstoßen, sei aus seiner Sicht rechtlich „nicht haltbar“, sagte der Gutachter am Dienstag. Zuvor hatte sich das Kabinett in Erfurt mit seiner rechtlichen Bewertung beschäftigt. Die Landesregierung hatte das Gutachten in Auftrag gegeben.

Konflikt schwelt seit Monaten

Die Personalpolitik der rot-rot-grünen Landesregierung sorgt nach massiver Kritik des Rechnungshofs an der Einstellungspraxis von Spitzenbeamten seit Monaten für heftige politische Auseinandersetzungen. Der Landtag hat einen Untersuchungsausschuss eingesetzt - die Staatsanwaltschaft prüft einen Anfangsverdacht auf Untreue.

Meinel, der nach eigenen Angaben alle gutachterlichen Freiheiten hatte, verwies auf eine gewisse Rechtsunsicherheit in Thüringen. Der Status politischer Beamter, die jederzeit in den Ruhestand versetzt werden können, sei im Laufbahngesetz nicht ausreichend geregelt. Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) verwies auf die dem Landtag vorgelegten Änderungen im Laufbahnrecht, die für Rechtsklarheit sorgen sollen.

Der Gutachter argumentierte, Staatssekretäre hätten einen besonderen Status - es sei ein „Amt zwischen der Regierung und der Ministerialbürokratie“. Die Rechtssprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts würden ihren Status als „zulässige Ausnahme vom üblichen Beamtenrecht“ absehen. Das komme im Bericht des Thüringer Rechnungshofs zu kurz.

Kein praktischer Schaden

Bei politischen Beamten sei gerade die politische Übereinstimmung mit der Regierung ein Kriterium der Eignung, sagte der Rechtswissenschaftler. Es gehe nicht darum, „Ämter wie Pfründe zu verteilen“. Aber die wenigen Staatssekretärsstellen sollen mit Menschen besetzt werden, „von denen sich die Regierung die Umsetzung ihrer Ziele verspricht“. Ob das gelinge, entschieden letztlich die Wähler.

Nach Meinung des Gutachters ist durch die Einstellung auch von Seiteneinsteigern jenseits der Beamtenlaufbahn kein praktischer Schaden in Thüringen entstanden. Wenn die Bestenauslese als ausschlaggebendes Kriterium angesehen würde, müsste eine Stellenausschreibung für Staatssekretäre erfolgen. Das sei kaum praktikabel.

Anderer Gutachter bejaht Pflichtverletzungen

Hoff geht davon aus, dass das Gutachten von Meinel im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Personalpolitik in gleicher Weise wie das von der Opposition in Auftrag gegebene Gutachten beraten wird. Ein von Teilen der Opposition in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten sah dagegen „gravierende Pflichtverletzungen“ der Thüringer Landesregierung bei Personalentscheidungen. Dadurch sei dem Freistaat auch ein Vermögensschaden entstanden, hatte der Gutachter Frank Saliger vor einigen Wochen erklärt. Der Strafrechtsexperte war mit dem Gutachten von der Thüringer CDU-Fraktion und der parlamentarischen Gruppe der FDP beauftragt worden.

Meinel wie auch Saliger betonten, dass es sich in keiner Weise um Gefälligkeitsgutachten für ihre Auftraggeber handelte. Meinel ist Inhaber des Lehrstuhls für Staatstheorie, Politische Wissenschaften und Vergleichendes Staatsrecht an der Georg-August-Universität Göttingen.

Der Thüringer Rechnungshof hatte der Landesregierung in einem Prüfbericht systematische und schwerwiegende Verstöße gegen Regeln zur Einstellung von Beamten vorgeworfen.

© dpa-infocom, dpa:231009-99-503761/4

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