P&R-Prozess:Gründer auf freiem Fuß

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Der Strafprozess ist wegen einer unheilbaren Krankheit des 76 Jahre alten Beschuldigten geplatzt. Für die Anleger, die auf Schadenersatz hoffen, ändert sich nichts.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Nach der Milliardenpleite der Münchner Containergesellschaft P&R verzichtet die Justiz auf einen Strafprozess gegen den mutmaßlichen Betrüger Heinz Roth. Der 76 Jahre alte Unternehmensgründer ist unheilbar krank und nicht verhandlungsfähig. Das Landgericht München I hat Roth deshalb am Donnerstag nach zehn Monaten Untersuchungshaft entlassen.

Die Pleite von P&R ist mit einem Schaden von rund 3,5 Milliarden Euro einer der größten Betrugsfälle im Bereich der Geldanlage. Viele Familien haben seit den Siebzigerjahren über P&R ihr Geld immer wieder in die Vermietung von Frachtcontainern gesteckt. Das Geschäft lief lange Zeit reibungslos, versprochene Zahlungen an die Anleger gingen pünktlich ein. 2018 musste die Firma überraschend einen Insolvenzantrag stellen. Bald schon kam Betrugsverdacht auf.

Mit der Freilassung von Roth ändert sich für die auf Schadenersatz hoffenden Anleger nichts. Das auf 13 Millionen Euro taxierte Privatvermögen des P&R-Gründers ist bereits konfisziert und in die Insolvenzmasse geflossen. Insgesamt rechnet der Insolvenzverwalter damit, bis Ende 2021 etwa 560 Millionen Euro sichern zu können - und in den Folgejahren noch weitere Beträge. Viele Container sind noch vermietet und erwirtschaften Einnahmen. Eine erste Abschlagzahlung für die Anleger ist für nächstes Jahr geplant. Inzwischen haben mehr als 95 Prozent der 54 000 Gläubiger dem Vergleichsvorschlag des Insolvenzverwalters zugestimmt. Bis Herbst soll das Verfahren abgeschlossen sein, was den Weg ebnet für erste Auszahlungen an die Geschädigten.

Die Firma begann 2007 damit, Verträge über Container zu schließen, die es aber nie gegeben hat

P&R begann 2007 damit, Verträge mit Anlegern über Container zu schließen, die es de facto nie gegeben hat und die auch nicht angeschafft wurden. Von den 1,6 Millionen an die Anleger verkauften Containern waren nur 600 000 Stück vorhanden. Diese Luftbuchungen waren der Anfang des Betrugs. Neu eingeworbene Geldmittel seien benutzt worden, um Altanleger auszubezahlen, so der Insolvenzverwalter in seinem Bericht - ein klassisches Schneeballsystem. Die Geschäfte wurden über eine Schweizer Tochtergesellschaft abgewickelt.

Auch Anleger, die noch Ausschüttungen erhalten haben, müssen Nachteile fürchten. In vergleichbaren Fällen haben Insolvenzverwalter diese Beträge zurückgefordert und sie der Insolvenzmasse zugeschlagen. Ob dies auch bei P&R geschieht, wird zunächst in Musterverfahren und abschließend beim Bundesgerichtshof entschieden. Die Strafjustiz arbeitet ebenfalls weiter an dem Fall. Es gebe noch weitere Beschuldigte, gegen die "mit Hochdruck" ermittelt werde, so die Staatsanwaltschaft.

© SZ vom 13.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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