Originelle Geschäftsideen:Geschäfte im Namen Gottes

Lesezeit: 3 min

Ein polnischer Pater und Gründer eines konservativen Radios steigt in die Mobilfunkbranche ein - und schließt damit eine Marktlücke.

T. Urban

Die Werbemanager der großen Mobilfunkgesellschaften in Polen raufen sich die Haare: Warum sind sie selbst nicht auf den einfachen Gedanken gekommen, spezielle Programme für Rentner anzubieten? Diese Marktlücke möchte nun Pater Tadeusz Rydzyk füllen, der Gründer und Direktor des umstrittenen nationalkatholischen Senders Radio Maryja. Bis zu vier Millionen Abonnenten könnte die neue Gesellschaft "W Rodzinie" (In der Familie) bekommen, schätzen Marktexperten. Sie wäre dann die drittgrößte Firma in der Branche.

Rentner-Handys: Eine Idee, die Erfolg verspricht. (Foto: Foto: ddp, dpa, Istock / Montage: sde, C. Büch)

Hinter dem Anbieter steht die Stiftung Lux Veritatis (Licht der Wahrheit), die Rydzyk vor elf Jahren gegründet hat. Ihre finanzielle Basis sind die Spenden von Millionen Gläubigen im ganzen Land, meist handelt es sich um kleine Beträge, die sich Rentnerinnen vom Mund absparen; aber auch Nachlässe begüterter Anhänger, die in Rydzyk die wahre Stimme Gottes und den ersten Verteidiger des Polentums sehen, fließen auf ihre Konten.

Ein Display mit religiösen Motiven

Die Idee ist bestechend einfach: Die mit Rydzyk verbundene Firma CenterNet bietet Mobiltelefone mit extra großen Tasten an, die gänzlich ohne Multimedia-Spielereien auskommen, auf die die junge Generation so großen Wert legt, und die stattdessen sehr einfach zu handhaben sind. Das Display, auf dem nach dem Einschalten religiöse Motive erscheinen, zeigt besonders große Zahlen für Menschen mit Sehschwäche.

Vorgestellt wurde das Projekt im Frühsommer am Ende einer großen Wallfahrt der "Familien von Radio Maryja", wie es sie in nahezu jeder Pfarrei gibt, zur Schwarzen Madonna von Tschenstochau, dem Nationalheiligtum der Polen. An der Abschlussmesse auf dem Klosterberg von Tschenstochau nahm auch der nationalkonservative Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski teil. Nach der Messe sagte er, dass er sich gleich solch ein Mobiltelefon anschaffen werde. Bisher war Kaczynski stolz darauf, dass er ohne Mobilfunk und anderen modischen Schnickschnack wie Kreditkarten oder gar ein Girokonto auskomme - und hatte dafür reichlich Spott in den Medien geerntet.

Der Oppositionsführer setzte mit seinem Auftritt in Tschenstochau ein wichtiges politisches Signal: Er hat sich wieder mit Rydzyk ausgesöhnt; offenbar kalkuliert er, dass er ohne die Unterstützung des streitbaren Paters und dessen Anhängern keine Chance hat, seine Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) aus der Opposition herauszuführen.

Zwischendurch waren Kaczynski und Rydzyk auf Distanz gegangen. Der Redemptoristenpater hatte in einem nichtöffentlichen Vortrag vor der von ihm gegründeten Journalistenschule am Sitz von Radio Maryja in Thorn (Torun) vor zwei Jahren dessen Zwillingsbruder Lech, den Staatspräsidenten, wegen dessen angeblichem "Einknicken vor der jüdischen Lobby" scharf angegriffen und die Präsidentengattin Maria sogar als "Hexe" bezeichnet, weil sie sich gegen ein vollständiges Verbot der Abtreibung aussprach.

Ein Mitschnitt dieses Vortrags war der Zeitschrift Wprost zugespielt worden, die ihn auf CD gebrannt einer ihrer Ausgaben beifügte und somit hunderttausendfach verbreitete - mit dem Ziel, Rydzyk in Misskredit zu bringen.

Doch geschadet hat ihm dies offenbar nicht, er möchte weiter das Land vor verderblichen unpolnischen Einflüssen vor allem aus dem Westen bewahren. An der von ihm gegründeten Höheren Schule für Gesellschafts- und Medienkultur sind 385 Studenten eingeschrieben, die pro Semester 1600 Zloty (380 Euro) zahlen. Sie werden darauf vorbereitet, die Ideen Rydzyks von einem der Jungfrau Maria geweihten Polen kämpferisch in den Medien zu verbreiten.

Bisher verfügte Radio Maryja nur über begrenzten Einfluss in der Gesellschaft, die sich zunehmend an Werten und Lebensstil der Westeuropäer orientiert. Die Stammhörer des Senders, der sich nun nicht mehr so kämpferisch gibt, nachdem vor zwei Jahren die Bischöfe ein Kontrollgremium eingesetzt haben, machen nicht einmal zehn Prozent der Polen aus, und sie gehören eher den ungebildeten Schichten an. Für Politiker wie die Kaczynskis sind sie eine wichtige Wählergruppe.

Die weiteren Geschäftsfelder Rydzyks

Das neue Mobilfunknetz ergänzt die anderen Geschäftsfelder Rydzyks: An erster Stelle sind dies Medien, neben Radio Maryja der Fernsehkanal Trwam (Ich bleibe standhaft), die Zeitung Nasz Dziennik (Unsere Tageszeitung) sowie eine Internetbuchhandlung. Alle Unternehmen werfen satte Gewinne ab, sie wachsen im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten auf dem Markt. Dass sogar in Tschenstochau die Abonnementwerber auftreten, hat der gefürchtete Karikaturist Andrzej Mleczko in der liberalen Polityka in einer Zeichnung aufgegriffen: Jesus vertreibt die Mobiltelefone und Satellitenschüsseln feilbietenden Händler, die schwarze Priestersoutanen tragen.

Auch im Finanzgewerbe breitet sich Rydzyk aus, er wirbt für die SKOK Stefczyka (Sparkasse Stefczyks), die im ganzen Land Filialen eröffnet hat. In Thorn möchte er überdies ein Thermal- und Heilbad bauen lassen. Für einen geplanten Großversuch mit Erdwärme hat er Mittel aus der EU beantragen lassen, die sonst von seinen Medien als Hort der westlichen Dekadenz gegeißelt wird.

Nach Warschauer Presseberichten haben die Steuerbehörden Rydzyk wiederholt vorgeworfen, ein kaum zu durchschauendes Firmengeflecht konstruiert zu haben. Mehrmals bekamen die mit ihm verbundenen Stiftungen Aufforderungen, Steuerschulden zu begleichen. Doch jedes Mal wurden die Dinge hinter den Kulissen geregelt, offenbar dank des Einsatzes höchster politischer Kreise.

© SZ vom 25.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: