Olympische Spiele 2010/2012:Die Macht der fünf Ringe

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Die Fernsehrechte-Spiele sind eröffnet — auch der Amerikaner Haim Saban von ProSieben bietet mit.

Von Hans-Jürgen Jakobs und Klaus Ott

Am Morgen des heutigen Freitag öffnet ein Notar in Lausanne ein paar Briefkuverts. Aus aller Welt haben Anwälte und TV-Unternehmen Angebote für die Fernsehrechte an den Olympischen Spielen 2010/2012 geschickt.

Es habe ein "hohes Interesse" gegeben, sagt Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), das über die Rechtevergabe entscheidet.

Traditionell sind die wertvollen Fernseh-Lizenzen an die Agentur EBU der öffentlichen Sender in Europa gegangen. Diesmal aber sind auf Konfrontation gebürstete Mitbieter dabei - allen voran der amerikanische Investor Haim Saban.

Tollkühne Vorstöße

Der Mann aus Los Angeles hat sich 2003 zu einem günstigen Preis die deutsche Sendergruppe Pro Sieben Sat1 Media AG geschnappt, deren Aktienkurs in die Höhe geschnellt ist. Das gibt dem Großaktionär Kredit bei den Banken — und Spielraum für tollkühne Vorstöße.

Die Offerte der Münchner Sendergruppe wurde rechtzeitig vor Bewerbungsschluss am Donnerstag, 15 Uhr, eingereicht und liegt nach SZ-Informationen bei mehr als 100 Millionen Euro. Alle Kanäle der Formation — Sat1, ProSieben, Kabel1, N24 — sollen nach dem Willen von Vorstandschef Guillaume de Posch olympiareif werden.

Was der Sache womöglich besonderen Dreh gibt, sind Angebote aus anderen Ländern, die von langjährigen Saban-Partnern kommen. Bahnt sich eine europäische Entente an?

In England sehen Experten etwa den TV-Tycoon Rupert Murdoch in der Qlympia-Qualifikation. Der gebürtige Australier, der in Los Angeles lebt, bietet für sein Pay-TV-Unternehmen BSkyB.

Da nach dem Willen des IOC die Spiele im allgemein empfangbaren Fernsehen erlebbar sein sollen, müsste BSkyB unverschlüsselt senden, was womöglich aber den Abonnenten, die viel Geld für die elektronische Ware bezahlen, missfällt. Saban kennt Murdoch gut, beide haben das TV-Unternehmen Fox Family Network für mehr als fünf Millionen Dollar an den Disney-Konzern verkauft.

Es wird teurer

Es ist diese mögliche Kombination aus internationalem Großkapital und multikultureller Chuzpe, die den Managern der öffentlich-rechtlichen Fernsehsystems in diesen Tagen Sorge macht.

In großen internationalen Anwaltskanzleien sind nach den Schilderungen von Vertrauten zuletzt viele Konferenzen zum Thema Olympia abgehalten worden. Auch bietet die Großagentur Sport Five für mittlere und kleine Länder mit; RTL bekundet ebenfalls Interesse.

"Es kann leicht sein, dass einige nationale Interessenten ihre Offerten bündeln werden", befürchtet ein ARD-Verantwortlicher. Das ZDF will zu dem Rechtekampf überhaupt nichts sagen.

Die beiden Fernseh-Systeme wollen die Olympischen Spiele großflächig in digitalen Kanälen zeigen, Randsportarten inklusive. Auch sind sich alle sicher: Teurer wird es auf jeden Fall.

Für 2006/2008 zahlt die EBU genau 578 Millionen Dollar an das IOC; allenfalls ein kleiner Spielraum ergäbe sich nun, weil der Euro gegenüber dem Dollar stark an Wert gewonnen hat. ARD und ZDF gehen davon aus, dass die Rivalen summa summarum voraussichtlich zehn bis 15 Prozent mehr bieten werden.

Auf einen Erfolg der EBU hofft dagegen Sabans französischer Freund Patrick Le Lay, der im Reich des Bauunternehmers Martin Bouygues den Privatsender TF1 leitet; auch eine Beteiligung an Eurosport gehört dazu, und dieser Kanal ist historisch der EBU verbunden.

In Lausanne freuen sich die IOC-Experten bereits wie Carl Lewis 1984 nach seiner vierten Goldmedaille. Immerhin hat ja der US-Sender NBC mit 2,2 Milliarden Dollar bereits auch 30 Prozent mehr gezahlt als beim letzten Mal.

Bei jedem Olympia-Wettbewerb werden eben einige Weltrekorde aufgestellt.

© SZ vom 23.04.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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