Olaf Berlien zieht Bilanz:"Ich kann mich ja nicht selber loben"

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Nach dem großen Eklat vor einem Jahr findet nun nicht nur der Osram-Chef, dass der Osram-Chef einen guten Job macht.

Von Thomas Fromm, München

Olaf Berlien würde jetzt gerne eine Wette abschließen über die Frage aller Fragen. Wie lange wird diese Hauptversammlung wohl dauern? Es ist ja eine dieser goldenen Hauptversammlungsregeln. Je mehr Probleme es in einem Unternehmen gibt, desto länger dauert so ein Aktionärstreffen. Und Berlien, der 54-jährige Chef des Lichtkonzerns Osram, glaubt an diesem Morgen, dass er die größten Probleme jetzt hinter sich hat. Dafür spricht ja schon, dass sie ihm seinen Vertrag um fünf Jahre bis 2022 verlängert haben. "Die Ausrichtung des Unternehmens auf Hochtechnologie und einen klaren Wachstumskurs trägt seine Handschrift", lobt Aufsichtsratschef Peter Bauer. Der Mann, der Anfang 2015 den Osram-Job übernommen hat, war vor einem Jahr noch in einer ganz anderen Lage. Damals ging es darum, Osram in einen Technologie- und LED-Anbieter umzubauen; das traditionelle Lampengeschäft wurde an Chinesen verkauft, gleichzeitig sollte eine Milliarde Euro in eine neue LED-Chipfabrik in Malaysia investiert werden. Einer, der das alles damals wohl nicht so gut fand, war Joe Kaeser, Chef der früheren Osram-Konzernmutter Siemens. Die Münchner halten noch 17,5 Prozent an Osram, und bei der Hauptversammlung 2016 entzog man dem Osram-Chef das Vertrauen. Das tat weh.

Zuletzt hatte Kaeser die wirtschaftliche Entwicklung bei Osram dann gelobt. In einem Interview mit Bloomberg TV sagte er neulich: "I think the child has grown up" - "Ich glaube, das Kind ist erwachsen geworden." Sieht man jetzt mal von der Frage ab, ob eine Marke, die vor über 100 Jahren gegründet wurde, wirklich noch ein Kind ist, dann war das insgesamt vielleicht doch als Kompliment zu verstehen gewesen. "Ich kann mich ja nicht selber loben", sagt Berlien, und Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) meint: "Wer hätte das gedacht nach dem Eklat des letzten Jahres." Als Berlien dann zu seinen Aktionären spricht, wirkt er, als könne er das alles noch gar nicht fassen. Er sagt: "Osram steht an der Schwelle zu einer neuen Ära." Wie die Ära am Ende ganz genau aussehen wird, muss man noch sehen. Eine Übernahme von Osram durch einen chinesischen Investor, wie noch in den vergangenen Monaten immer wieder ventiliert, stehe nicht an, sagt Berlien. Was aber Siemens mit seinen 17,5-Prozent an Osram genau machen wird, das weiß auch Berlien wohl noch nicht.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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