NordLB:Bank in Erklärungsnot

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Bei der Nord-LB in Hannover stehen entscheidende Wochen bevor. (Foto: AFP)

Die Nord-LB in Hannover braucht dringend frisches Kapital. Nun steht sogar eine Teilprivatisierung zur Debatte. Im Gespräch ist ein Investor, der schon eine andere Landesbank übernommen hat.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Vordergründig sehen die Jahreszahlen, welche die Nord-LB am Dienstag in Hannover veröffentlicht hat, solide aus: Nach einem Verlust von enormen 1,9 Milliarden Euro im Vorjahr konnte die Landesbank 2017 unter dem Strich immerhin ein Gewinn von 195 Millionen Euro vorweisen. Die Bank sei wieder profitabel, habe ihre Kapitalquoten erhöht und ihre problematischen Schiffskredite schneller abgebaut als geplant, sagte Konzernchef Thomas Bürkle auf einer Pressekonferenz.

Doch wer genau hinschaut, sieht: Es ist gar nichts gut in Hannover. Die jahrelange Schiffskrise hat die Landesbank - ähnlich wie die HSH Nordbank in Hamburg - derart geschwächt, dass sie nun dringend frisches Kapital braucht. Es geht wohl um drei Milliarden Euro. Nicht etwa, um eine Schieflage abzuwenden, aber um ihr auch künftig ein gewisses Maß an Wachstum zu ermöglichen. Die Alternative wäre ein Tod auf Raten. Die Gewinne des Geldhauses jedenfalls reichen längst nicht mehr aus, um damit aus eigener Kraft die maßgebliche Eigenkapitalquote zu stärken. Sie soll von 12,2 auf mehr als 13 Prozent steigen. Man will auf weitere Ausfälle von Schiffskrediten vorbereitet sein, aber auch den strengen Finanzaufsehern etwas vorweisen können. Sie überprüfen auch dieses Jahr wieder die Bilanzen der europäischen Großbanken per Stresstest.

Das Problem: Frisches Kapital zu beschaffen, ist für die Nord-LB alles andere als trivial. Das wiederum liegt auch an einer der Eigenheiten der deutschen Bankenbranche: Sie ist zu großen Teilen staatlich dominiert und daher auch ein Stück weit überdimensioniert. In der Finanzkrise mussten gleich mehreren Landesbanken von ihren öffentlich-rechtlichen Trägern und damit den Steuerzahlern gerettet und anschließend schmerzlich saniert werden. Während die Institute im Süden (die BayernLB und die Landesbank Baden-Württemberg) wieder weitgehend gesundet sind, haben die Landesbanken im Norden die Finanzkrise und die anschließende Schiffskrise allerdings nie verwunden.

Sollen wieder Steuergelder in die Bank fließen - oder findet man private Investoren?

Die Bonitätsnote der Nord-LB ist inzwischen derart schlecht und ihre Refinanzierungskosten daher derart hoch, dass die Bank kaum noch gewinnträchtig Kredite vergeben kann. Das zeigen auch die Zahlen von Dienstag: So ging der für das Kerngeschäft aussagekräftige Zinsüberschuss um enorme 18 Prozent zurück. Die Lage spiegelt damit auch das wirtschaftliche Nord-Süd-Gefälle der Republik.

Wäre die Nord-LB eine private Bank wie die Commerzbank, würde sie versuchen, ihr Kapital bei den Aktionären an der Börse einzusammeln. Die Nord-LB aber gehört mehrheitlich dem Land Niedersachsen (59 Prozent) sowie den örtlichen Sparkassen. Müssten die Träger Kapital nachschießen, wird das nicht nur die seit Kurzem amtierende große Koalition in Niedersachsen in Erklärungsnot bringen. Sie müsste den Bürgern erklären, warum es sich lohnt, weiter in die Nord-LB zu investieren. Auch könnte die Wettbewerbsbehörde in Brüssel dies als unerlaubte staatliche Beihilfe werten und die Privatisierung oder gar die Abwicklung diktieren. Letzteres ereilte die WestLB in Düsseldorf. Die HSH Nordbank hingegen musste gerade erst privatisiert werden.

Kein Wunder, dass sich in Hannover derzeit alle Beteiligten den Kopf zerbrechen, wie das Geldhaus mit seinen 6450 Mitarbeitern wieder fit gemacht werden kann. Gemeinsam mit den Eigentümern werde an einem "umfassenden Konzept" gearbeitet; noch dieses Jahr sollten die Kapitalquote gestärkt und die Profitabilität wieder gesteigert werden, sagte Vorstandschef Bürkle. Es gebe dabei "keine Tabus".

Um ein EU-Beihilfeverfahren zu verhindern, müsste eine Kapitalhilfe möglichst "marktkonform" ablaufen, etwa über eine Teilprivatisierung. Auch das wäre kompliziert: Die Bank müsste zuvor die Rechtsform ändern und den Verbleib der zum Konzern gehörendenden Sparkasse Braunschweig klären. Die Privatisierung von Landesbanken mag Neuland sein, aber die Privatisierung einer Sparkasse ist ein Tabu. Nie würde es die Gruppe zulassen, dass ein Privatinvestor den Namen Sparkasse nutzt. Zudem wäre es schwer vorstellbar, dass sich private Eigner mit der Rolle als Minderheitsaktionär zufrieden geben.

Immerhin: Wie man eine Landesbank privatisiert, haben Schleswig-Holstein und Hamburg gerade am Beispiel der HSH Nordbank vorexerziert. Die US-Finanzinvestoren Cerberus und Flowers haben die einstige Skandalbank im Februar für eine Milliarde Euro übernommen. Brüssel hatte den Verkauf nach mehreren staatlichen Stützungsaktionen angeordnet. Zuvor mussten die Länder die Bank weitgehend von ihren Altlasten befreien. Cerberus und Flowers wird nachgesagt, nun auch an der Nord-LB interessiert zu sein. Nicht ausgeschlossen also, dass ausgerechnet die längst totgesagte HSH die lange Zeit ungleich stärkere Nord-LB übernimmt.

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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