NordLB:Auf Biegen und Brechen

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Die Rettung der NordLB ist schwierig. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Die Landesbank soll bis Ende August frisches Kapital bekommen, doch dabei gibt es Probleme. Zugleich wachsen Zweifel am Geschäftsplan.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Wann immer eine Bank gerettet wird, noch dazu mit Steuergeld, dann bezeichnen das die Verantwortlichen gerne als "alternativlos". Ließe man die betreffende Bank fallen, würde das Finanzsystem zusammenbrechen, gingen Arbeitsplätze verloren, würden Firmen keine Kredite mehr bekommen, heißt es dann stets drohend. Dass man sich nach der Finanzkrise eigentlich geschworen hatte, Banken nicht mehr mit Steuergeld aufzufangen, ist irgendwie in Vergessenheit geraten.

Auch bei der Nord-LB wird diese Argumentation bemüht. Die hannoversche Landesbank hat sich mit Schiffskrediten verhoben und muss nun von ihren Eigentümern gerettet werden. Bis Ende August müssen das Land Niedersachsen und die Sparkassen enorme 3,6 Milliarden Euro zuschießen. Von Niedersachsen kommen 1,5 Milliarden Euro, von Sachsen-Anhalt 200 Millionen Euro, von der Sparkassen-Finanzgruppe 1,1 Milliarden Euro. Zudem stellt Niedersachsen eine Garantie von 800 Millionen Euro, um damit 3,6 Milliarden Euro fauler Schiffskredite abzusichern.

Die Bank einfach nur abzuwickeln, das wäre hingegen ein "Wagnis" gewesen, auf das man sich nicht einlassen wollte, sagt Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers. Ein Sparkassenfunktionär bezeichnet eine Abwicklung vergangene Woche sogar als "das schlimmste Szenario". Mit 59 Prozent ist Niedersachsen Mehrheitseigner. Den Rest kontrollieren zwei andere Bundesländer sowie die Sparkassen.

Die Kapitalerhöhung ist nun zwar so gut wie durch, die Zweifel aber bleiben. Denn was ist, wenn das Geschäftsmodell auch künftig zu wenig Gewinn abwirft? In diesem Punkt brauche man sich keine Sorgen machen, betonen Länder, Sparkassen und die Chefs der Nord-LB in ihren offiziellen Aussagen. Die Bank werde von Risiken befreit, verkleinert und verfolge ein "nachhaltig profitables" Geschäftsmodell.

Im Sparkassenlager jedoch wachsen die Zweifel, ob die Bank wirklich überlebensfähig ist. Die EU-Kommission, welche die staatliche Rettung nun noch genehmigen muss, erwägt dem Vernehmen nach, der Bank eine Kapitalrendite von acht Prozent vorzugeben, ohne dabei allzu große Risiken einzugehen. Nur dann könne sie dauerhaft profitabel sein. In Deutschland jedoch ist kaum eine große Bank so profitabel.

Hinzu kommt, dass Brüssel nach SZ-Informationen auch noch eine hohe Verzinsung für Teile der Staatshilfe erwägt. Für die Landesgarantie soll die Bank dem Land über fünf Jahre insgesamt 500 Millionen Euro Zinsen bezahlen. Brüssel möchte damit vermutlich Wettbewerbsverzerrungen ausgleichen, weil ein privater Investor eine ähnliche Verzinsung gefordert hätte. Dieses Geld soll zwar wieder in die Bank investiert werden, schmälert aber eben die Rendite. "Das passt alles hinten und vorne nicht", sagt ein Sparkassenfunktionär.

Die Sparkassen bekommen auch deswegen kalte Füße, weil die Finanzaufsicht Bafin sie nun auffordert, sich den Geschäftsplan der Bank zu eigen zu machen. Der Hintergrund: Weil die bundesweiten Sparkassen nach der Rettung mit rund 26 Prozent an der Nord-LB beteiligt sein werden, hat die Bafin ein Inhaberkontrollverfahren eröffnet. Ein solches Verfahren müssen Großaktionäre von Banken durchlaufen. Man prüft, ob sie zuverlässig sind. In einem Brief vom 8. Juli fordert die Bafin die Sparkassenverbände nun auf, sich für den Geschäftsplan "verantwortlich zu zeichnen". Die Nord-LB selbst sei nur ein "Dienstleister", welcher den Plan nach "Maßgabe Ihrer Vorgaben" erstellt. Das aber lehnt der Dachverband DSGV ab, wie ein Insider sagt. Die Sorge: Geht die Sache schief, können die Institute dies nicht mehr auf das Management oder andere Eigentümer schieben. Die Sparkassen sind gut darin sind, sich wegzuducken. Das hat die Finanzkrise gezeigt, als mehrere ihrer Landesbanken in Schieflage gerieten.

Ein weiteres Problem ist die Frist der Bankenaufsicht, wonach die Kapitalerhöhung bis Ende August realisiert sein muss. Das ist kaum noch zu halten. So soll der Staatsvertrag erst im August in die Landtage von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt eingebracht werden. Ursprünglich war dies für Juni geplant. Außerdem müssen die Beteiligten die Entscheidung der EU-Kommission abwarten, ob die Rettung mit dem Wettbewerbsrecht vereinbar ist. Dieses Votum wird für Ende Juli erwartet. Verzögert sich die Sache, werden die Aufseher zwar verlängern - allerdings zähneknirschend. Schließlich ist die Bank schon seit Jahresanfang unterkapitalisiert.

Hochpolitisch ist nun außerdem die Frage, wie sich die Bundesregierung zu der Staatshilfe verhält. Formal muss der Bund die Rettung in Brüssel "notifizieren", also zur Genehmigung anmelden. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) geht indes nicht davon aus, dass es sich um eine verbotene staatliche Beihilfe handelt. Er stuft die Rettung als eine "außerordentliche Unterstützung" ein, die auch nach neuen EU-Regeln zur Bankenabwicklung erlaubt sei. Das sehen Experten kritisch.

Die Grünen fordern nun in einem Schreiben an Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier, die Rettung offiziell anzumelden und nicht zu versuchen, sich informell mit Brüssel zu verständigen. "Es wird sich zeigen, wie ernst es der Bundesregierung mit ihrem Versprechen ist, keine deutschen Steuergelder mehr für die Rettung von Banken einzusetzen", sagt Lisa Paus, Sprecherin für Finanzpolitik der Grünen.

Bei der Bundesregierung hat man es aber offenbar nicht allzu eilig. Man befinde sich in einem "vorgelagerten Abstimmungsprozess mit der Kommission", hieß es bei den Ministerien. Über die Frage einer Notifizierung werde "zu einem späteren Zeitpunkt entschieden". Ganz so viel Zeit aber bleibt nicht mehr.

© SZ vom 29.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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