Nirgendwo in Afrika:Ein Buch muss verschwinden

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Das Leben von Ulla Ackermann wird nun eingestampft: Der Verlag Hoffmann und Campe hat ihr Buch, das sich fünf Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste hielt, aus den Läden genommen und den Kunden ihr Geld zurück versprochen.

Bernd Dörries

(SZ vom 26.06.2003) — Freunden hat sie erzählt, sie sei die letzten zwei Wochen durch Afrika gereist, in den Kongo, ins Kriegsgebiet, um Belege dafür zu finden, dass ihr Leben echt ist. Ein Leben, das überall mit einem Satz beschrieben wurde: vom Mannequin zur Kriegsreporterin. Von dem sie gerne erzählte, bei Biolek, im ZDF, in ihrem Buch Mitten in Afrika. Zu Hause zwischen Paradies und Hölle. Ein Leben, das sich gut verkaufte - das aber nach allem, was man weiß, so nie stattgefunden hat.

"Weite Teile frei erfunden"

Das Leben von Ulla Ackermann wird nun eingestampft. Der eigentlich angesehene, traditionsreiche Verlag Hoffmann und Campe hat ihr Buch, das sich fünf Wochen in der Spiegel-Bestsellerliste hielt, aus den Läden genommen und den Kunden ihr Geld zurück versprochen. Weil "weite Teile des Buches schlicht frei erfunden waren", sagt Rainer Moritz, der Verlagsleiter. Ein ziemlich einmaliger Vorgang in der deutschen Buchgeschichte - und für den Verlag von Heinrich Heine ein Fiasko.

Etwa 25.000 Mal verkaufte sich das, was Ulla Ackermann als ihr Leben in Afrika beschrieb. Und in den vielen Talkshows erzählte sie, wie es dazu kam: Als Zigeunertochter geboren, Karriere als attraktives Model, Heirat mit römischem Adligen, Umzug nach Kenia, Tod des Kindes.

Und schließlich der Beginn einer langen Kriegsreporterkarriere, in deren Verlauf sie nicht nur an so ziemlich alle Orten des Bösen geführt wurde, sondern angeblich auch Osama Bin Laden traf und Nelson Mandela im Gefängnis interviewte.

Mandela während seiner Zeit im Gefängnis zu sprechen, wäre so ziemlich der größte Scoop eines Afrika-Korrespondenten gewesen. Die Nachricht eines solchen Gesprächs erreichte Deutschland jedoch nie. Bis Hoffmann und Campe die Story glaubte und das Buch druckte.

Es wurde ein Erfolg, und der Verlag brauchte lange, um einzugestehen, dass wohl das meiste, was dort geschrieben stand, nicht der Realität entsprach. Der Spiegel hatte am Anfang des Monats als Erster Zweifel am Werk der Autorin angemeldet. "Frei erfunden" seien manche Fakten des Buches, schrieb das Nachrichtenmagazin.

Hoffmann und Campe-Manager Moritz reagierte da noch mit einer Pressemitteilung, in der stand, dass man "keinen Anlass hat, an den Schilderungen zu zweifeln". Und hinterher schickte er eine einstweilige Unterlassungserklärung an die Hamburger Redaktion. "Wir stehen erst einmal zu unseren Autoren. Von Frau Ackermann hatten wir eine eidesstattliche Erklärung, dass ihr Buch wahr ist", erklärt Moritz im Nachhinein.

Bis zum Mittwoch dieser Woche dauerte es nach der Spiegel-Geschichte, bis auch dem Verlagshaus aus dem Medienreich des Thomas Ganske die Anlässe zum Zweifel zu viel wurden.

Die Fernsehsender, für die Ackermann berichtet haben will, konnten nicht ausfindig gemacht werden, die Autorin konnte kein Bildmaterial vorweisen.

Immer öfter meldeten sich Bekannte von Ackermann, die nicht nur ihre Geschichte aus Afrika in Zweifel zogen, sondern ihren ganzen Lebensweg. "Mittlerweile ist nichts mehr sicher", erklärt Moritz. Die Autorin habe gestanden, "weite Teile ihrer Biografie erfunden zu haben". Wurden die Fakten vorher nie richtig geprüft?

Sicher ist zumindest, dass Ackermann Reiseführer schrieb, Traumstraßen Südafrika und Namibia heißt einer. Auf einer solchen Straße der Träume scheint Ulla Ackermann eine falsche Abzweigung genommen zu haben.

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