Niedrigere Einkommensteuern:Frauen an die Arbeit

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Einen höheren Nettolohn für Frauen empfiehlt die internationale Wissenschaft - so soll die Arbeitswelt für Mütter attraktiver werden. Der Steuerdschungel gehört eigentlich aufgeräumt, als noch unübersichtlicher gestaltet.

Marc Beise

Frauen sollten niedrigere Einkommensteuern zahlen als Männer. Das wird derzeit in der internationalen Wissenschaft empfohlen, und die Begründung mag auf den ersten Blick nachvollziehbar sein: Frauen könnten dann einen höheren Nettolohn erzielen, weshalb mehr von ihnen arbeiten würden.

Es wird nicht lange dauern, bis dieser Vorschlag auch in der deutschen Steuerdiskussion auftaucht. Schließlich sucht die Politik nach Möglichkeiten, die Arbeitswelt für Mütter attraktiver zu machen (und umgekehrt mehr berufstätige Frauen zur Familie zu bekehren).

Dass allerdings das Steuerrecht noch unübersichtlicher würde, wird dann kaum jemanden interessieren. Vorbei die Zeiten, da maßgebliche Politiker parteiübergreifend dem deutschen Steuerchaos zu Leibe rücken wollten.

Damals, im Herbst der Unions-FDP-Regierung von Helmut Kohl und dann in den rot-grünen Anfangsjahren, gehörte es zum guten Ton, für eine grundsätzliche Erneuerung des deutschen Steuerrechts einzutreten.

Radikale Reformansätze gescheitert

Es war anerkannt, dass das System in seiner in Jahrzehnten gewachsenen Verästelung ineffizient, undurchsichtig und ungerecht geworden war. Wer Einzellösungen forderte und gar Steuererhöhungen, fand kaum Widerhall. Heute ist das anders - obwohl die Sachlage kaum anders ist.

Der große Reformansatz aber ist im System steckengeblieben, spektakulär personifiziert im Scheitern des Radikalreformers Paul Kirchhof, der vor der Bundestagswahl 2005 die Hoffnung der Kanzlerkandidatin Angela Merkel war, dann aber von der Großen Koalition parteiübergreifend aus dem Gedächtnis gestrichen worden ist: Kirchhof, war da mal was?

Die Folgen dieser Verkürzung, die manche Politikversteher in den Medien als neuen Realismus beklatschen, sind offensichtlich. Sie kulminieren in der Unternehmensteuerreform, die von der Regierung Merkel als Glanzstück ihrer Arbeit verkauft wird, die in Wirklichkeit aber Murks ist.

Die Anhörung im Bundestagsfinanzausschuss an diesem Mittwoch wird vor allem eines offenbaren: dass sich hinter dem plakativen 25-Prozent-Steuersatz für Unternehmen ein kompliziertes Gebilde verbirgt, das manchen Akteuren der Wirtschaft nicht weniger, sondern mehr Belastung abverlangt und für aufstrebende Firmen existenzgefährdende Folgen haben kann.

Die Unternehmensteuerreform will Deutschland international stärken (was gelingt), aber sie macht das System noch komplizierter und unübersichtlicher. Es ist schwer einzuschätzen, welche Unternehmen am Ende zu den Siegern gehören werden und welche zu den Verlierern.

Gelten die üblichen Maßstäbe, so werden vor allem die Großen und die mit den schlagkräftigen Lobbys profitieren, nicht aber der Mittelstand, der doch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist.

Steuerdebatte nicht auf der Tagesordnung

Es ist höchste Zeit, diesem Unsinn Einhalt zu gebieten und den Weg zurück zu Gesamtkonzepten zu finden, die einfach und für jedermann verständlich sind. Aber welcher Politiker nimmt sich dieses Themas überhaupt noch an?

Wenn es einer tut, wie zuletzt Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), wird er von den eigenen Leuten zurückgepfiffen. Eine Steuerdebatte stehe nicht auf der Tagesordnung, belehrte Angela Merkel ihren Glos - und verrät damit um des Koalitionsfriedens willen einmal mehr die Agenda, mit der sie vor zwei Jahren in den Wahlkampf gezogen ist.

Glos' Gegner bringen vor allem zwei Argumente vor: Erstens sei für die Bürger schon genug getan worden - was nicht stimmt, weil die Steuerbelastung trotz Einkommensteuerreform in der Summe kaum kleiner geworden ist. Und zweitens könne man nicht gleichzeitig sparen, Steuern senken und Zukunftsaufgaben finanzieren. Auch dieses Argument ist falsch.

Die gute Konjunktur und die deshalb sprudelnden Steuerquellen lassen heute schon die Kombination von zwei Zielen zu: Man kann die Neuverschuldung des Staates in den nächsten Jahren Schritt für Schritt auf null zurückführen und eine Entlastung der Bürger zumindest beginnen.

Wer obendrein Familien unterstützen und in Bildung investieren will, hat auch dazu Möglichkeiten. Er muss allerdings Prioritäten setzen, also anderswo sparen. Man nennt diese Tätigkeit: regieren.

© SZ vom 25.04.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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