Neuss:Verzwickter Geldsegen für die Stadt Neuss

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In der Innenstadt von Neuss kann man es sich gut gehen lassen. Und jetzt auch das noch: viel Geld von Johnson&Johnson. (Foto: imago)
  • Ein US-Konzern hat der Stadt Neuss 152 Millionen Euro überwiesen, als Nachzahlung für die Gewerbesteuer. Grund dafür ist eine Neubewertung des Unternehmens.
  • Die Stadt muss nun erst einmal prüfen lassen, wie viel sie von dem Geld überhaupt behalten darf.

Von Julia Klaus, München

Die Geschichte kann der Kämmerer von Neuss nicht alle Tage erzählen: Auf dem Konto der Stadt trudelten über Nacht 152 Millionen Euro an Gewerbesteuern ein - mehr als die Stadt an Schulden aufgetürmt hat. Und das auf einen Schlag. Das Geld stammt vom Pharma- und Konsumgüterhersteller Johnson & Johnson und bezieht sich auf das Jahr 2015. Am Montag war das Geld auf dem Konto der Stadt gelandet. Der Geldsegen kam nicht unerwartet. "Das war angekündigt", sagt ein Sprecher. Die Stadt Neuss könnte über Nacht schuldenfrei werden - theoretisch. Doch in Wirklichkeit muss ein Wirtschaftsprüfer erst einmal nachrechnen. Im Neusser Rathaus äußert ist die Freude über den Geldsegen deshalb verhalten. "Wir halten den Ball momentan flach. Der ganze Vorgang ist sehr komplex", sagt der Sprecher.

Die Stadt hat gute Gründe für ihre Zurückhaltung. Die Zahlung wurde fällig, weil die Holding nach einer Verlagerung neu bewertet wurde: Ende 2015 fasste die deutsche Gesellschaft Johnson & Johnson Group Holdings GmbH den Beschluss, ihren Sitz nach Österreich zu verlagern. Dadurch wurden ihr Buchwert und ihr realer Wert neu bewertet. "Im Ergebnis wurde der Marktwert höher als der bisherige Buchwert geschätzt. Dadurch ergab sich die Gewerbesteuerzahlung in Höhe von 152 Millionen Euro", sagte eine Sprecherin von Janssen-Cilag, einem Tochterunternehmen von Johnson & Johnson. Damit sei die Millionenzahlung ein einmaliges Ereignis aus dem Jahr 2015. "Es wurde den Behörden in der Jahressteuererklärung 2015 erklärt", so die Sprecherin.

Wie viel die Stadt am Ende behalten darf, ist nicht geklärt. Ein Teil des Geldes würde ohnehin als Umlagen abfließen. Bei der Stadt könnten rund 70 Millionen verbleiben, schätzt der Sprecher. Damit könnte die Stadt Neuss ihre Kreditschulden von knapp 39 Millionen Euro tilgen. Könnte. Denn zum einen hat die Stadt den entsprechenden Steuerbescheid, der die genaue Steuerschuld festlegt, noch gar nicht erlassen. Zum anderen muss das Finanzamt in einer Betriebsprüfung feststellen, ob der Betrag richtig angesetzt wurde. "Das Ergebnis der Betriebsprüfung könnte auch lauten, dass von den 152 Millionen wieder etwas an den Konzern zurückgeführt werden muss ", sagt der Stadtsprecher.

Warum die Holding, die in Deutschland mit Marken wie Carefree und Penaten bekannt ist, überhaupt ihren Sitz nach Österreich verlagert hat, wollte die Unternehmenssprecherin nicht erläutern, das seien "konzerninterne Entscheidungen" gewesen. Ein Grund könnte die erhoffte Steuerersparnis sein: Die Alpenrepublik erhebt keine Gewerbesteuer.

In Neuss zeigt sich, dass ein Geldregen nicht automatisch auch ein -segen ist. Das weitere Vorgehen will man in der Stadt am Rhein nach Ostern besprechen.

Danach zeigt man sich vielleicht zufriedener.

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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