Neues Gesetz:Zigaretten mit Kindersicherung

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Raucher müssen sich an Automaten von 2007 an mit ihrer Geldkarte ausweisen. Gedacht ist das als Jugendschutzmaßnahme - doch auch Erwachsene können scheitern.

Gregor Schiegl

Vielen Rauchern wird die Neujahrsnacht 2007 wie verhext vorkommen. Denn von einer Sekunde auf die andere wird sich keiner der rund 500.000 Zigarettenautomaten im Land mehr damit zufrieden geben, dass man ihn mit der verlangten Summe füttert.

Der Käufer wird dann erst nachweisen müssen, dass er mindestens 16 Jahre alt ist, bevor er seine Kippen bekommt, und zwar mit seiner Geldkarte. Stellt das Lesegerät des Zigarettenautomaten fest, dass der Kunde noch keine 16 ist, streikt er.

300.000 Euro kostet die Jugendschutzmaßnahme nach eigenen Angaben die deutschen Automatenaufsteller. 2002, als diese Regelung vereinbart wurde, gab es in Deutschland noch mehr als 820.000 Zigarettenautomaten. Jetzt sind es nur noch 600.000. Wegen der Kosten soll ein weiteres Sechstel nun bis Jahresende demontiert werden.

Höhere Betriebs- und Wartungskosten

Die Kosten-Nutzen-Rechnung entwickelt sich für die Automatenbetreiber immer ungünstiger. Den Kosten für die Umrüstung der Automaten folgen auch höhere Betriebs- und Wartungskosten. In weniger rentable Standorte lohnt es sich nun nicht mehr zu investieren.

"Bei einigen mechanischen Uraltgeräten ist das auch gar nicht mehr umsetzbar", sagt Peter Lind, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller (BDTA). In den vergangenen Jahren war das Geschäft für die Zigarettenverkäufer ohnehin besonders schwierig.

Innerhalb von zweieinhalb Jahren sind Tabakprodukte mehrmals wegen höherer Steuern teurer geworden. Und nun kommt eine Regelung, die der Verband im Prinzip zwar gut findet, durch die er aber Einbußen von bis zu 30 Prozent befürchtet.

An der Kindersicherung am Zigarettenautomaten können nämlich nicht nur Kinder, sondern auch Erwachsene scheitern.

Ohne die Geldkarte geht am Zigarettenautomaten von 2007 an nichts mehr. Doch für viele Konsumenten ist die Geldkarte auch zehn Jahre nach ihrer Einführung noch ein unbekanntes Ding. Nach den Zahlen des Verbands Deutscher Banken sind derzeit 64 Millionen Geldkarten im Umlauf.

In rund 70 Prozent der 90,1 Millionen Bankkarten ist die Geldkartenfunktion integriert, sichtbar als goldener Chip. Die Geldkarte kann aufgeladen werden wie eine Telefonkarte und wird an 300.000 Stellen in Deutschland akzeptiert.

Nischenexistenz

Es gibt aber auch separate Geldkarten, etwa für Kinder und Jugendliche. Bislang sind nur etwa 40 Prozent aller Geldkarten mit der Information konfiguriert, ob der Inhaber minderjährig ist oder nicht. "Das wird wohl kontinuierlich nachvollzogen werden müssen", sagt Marion Dreßler vom Bundesverband Deutscher Banken.

Aus ihrer Nischenexistenz ist die Geldkarte bisher nicht herausgekommen. 2004 wurden 38,3 Millionen Transaktionen mit ihr durchgeführt. Durchschnittliche Transfersumme: 2,16 Euro.

Insgesamt wurden auf diese Weise 82,6 Millionen Euro bewegt. Eine bescheidene Summe angesichts von 33,4 Milliarden Euro, die Bankkunden im bargeldlosen Zahlungsverkehr 2004 insgesamt transferierten. Ähnlich ernüchternd sind die Erfahrungen bei den Aufstellern der Zigarettenautomaten.

An Maschinen, die bereits eine bargeldlose Zahlung mit Geldkarte erlauben, nutzen bislang nur ein bis drei Prozent der Kunden diese Möglichkeit.

Am 11. Mai will der Verband der Automatenaufsteller in Berlin eine Kampagne starten. Es soll eine Werbeveranstaltung werden - für die bisher ungeliebte Geldkarte. "Nur wenn die Kunden regelmäßig die Geldkarte nutzen, wird man sie akzeptieren", sagt Peter Lind.

© SZ vom 12.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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