Neuerliche Streiks:Lufthansa streicht fast 900 Flüge

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Der Streik der Vereinigung Cockpit wirbelt das geplante Flugprogramm durcheinander. Eine baldige Einigung mit den Piloten ist nicht in Sicht.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Lufthansa muss wegen des Streiks ihrer Piloten am Mittwoch 876 Flüge absagen. Das Unternehmen veröffentlichte am Dienstag einen Sonderflugplan. Der Fluggesellschaft zufolge sind 100 000 Passagiere von dem Streik betroffen. Neben vielen Kurz- und Mittelstreckenflügen fallen auch 51 Langstreckenverbindungen aus. Das Arbeitsgericht Frankfurt gab am Dienstagabend vorerst grünes Licht für Streik, die Klage der Lufthansa auf ein Verbot des Ausstandes wurde abgewiesen. Ein Lufthansa-Anwalt kündigt jedoch umgehend an, in Berufung zu gehen.

Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hatte den Ausstand der Lufthansa-Piloten am Montagabend angekündigt und mit den seit Jahren stockenden Verhandlungen zu einem neuen Gehaltstarifvertrag begründet. Die Piloten fordern für den Zeitraum rückwirkend insgesamt 20 Prozent mehr Geld, während die Lufthansa deutlich weniger bietet und höhere Gehälter durch höhere Produktivität kompensieren will. Das Unternehmen warf den Piloten vor, kein verantwortlicher Tarifpartner zu sein, weil sie eine Schlichtung ablehnten.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte sich vor wenigen Wochen optimistisch gezeigt, dass sich die beiden Seiten noch vor dem Jahresende auf eine Schlichtung einigen könnten. Die VC lehnte dies indes ab, weil der Unterschied zwischen ihrer Forderung und dem Angebot der Lufthansa zu groß sei. Seit 2014 haben die Piloten bislang 13 Mal Streiks organisiert, viele rechnen damit, dass weitere folgen werden. Spohr fährt seit zwei Jahren einen konsequenten Kurs, um die Personalkosten im Cockpit senken zu können: So lange die VC kein Entgegenkommen zeigt, wird die Flotte der Kernmarke nicht wachsen. Tatsächlich sinkt die Zahl der Flugzeuge bei Lufthansa seit vier Jahren leicht. Spohr setzt darauf, dass dadurch auch der Druck bei den Piloten, einen Kompromiss zu finden, steigt. Denn Erste Offiziere, die bislang bei Lufthansa nach zehn bis zwölf Jahren zum Kapitän befördert werden und deutlich mehr Geld verdienen, müssen nun bis zu 20 Jahre darauf warten. Erst wenn die Fluggesellschaft wieder wächst, könnte sich der Trend umkehren.

Die Differenzen bei den Gehältern und anderen strittigen Themen wie der Altersversorgung und dem vorzeitigen Ruhestand erscheinen zwar recht groß, sind aber nicht der Kern der Auseinandersetzung. Den Piloten ist der Aufbau der Billigsparte Eurowings ein Dorn im Auge, denn sie fürchten die konzerninterne Konkurrenz von Kollegen mit niedrigeren Gehältern. Sie haben in monatelangen vertraulichen Gesprächen versucht, die Eurowings-Piloten in den Konzerntarifvertrag zu integrieren, was Lufthansa abgelehnt hat. Auch Gespräche zu Karrieremodellen, die Eurowings-Mitarbeitern den Wechsel zu Lufthansa ermöglicht, sind gescheitert.

Eine Lösung zu finden, ist auch deshalb schwierig, weil der wahre Grund für die Konflikte in den Tarifverhandlungen keine Rolle spielen darf. Ende 2015 hatte ein Gericht einen Pilotenstreik für nicht rechtens erklärt, weil er auch mit dem Thema Eurowings begründet wurde. Nun achtet die VC darauf, sich in der Kommunikation auf Gehaltsforderungen zu beschränken. Die Piloten bekommen jedes Jahr tariflich drei Prozent mehr Geld.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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