Neuer Weltbank-Präsident:Weniger Geld, mehr Hilfe

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Die verunsicherte Weltbank hat einen neuen Präsidenten, sie braucht aber auch einen neuen Kurs. Ob Robert Zoellick den entscheidenden Wandel schafft, wird sich zeigen.

Nikolaus Piper

Die Führungskrise in der Weltbank ist beendet, offiziell jedenfalls. Wie erwartet haben die Vertreter der Mitgliedsstaaten am Montag einmütig den neuen Präsidenten Robert Zoellick in sein Amt gehoben.

Der frühere Handelsbeauftragte von Präsident Bush, ein ausgewiesener Pragmatiker, folgt auf den Ideologen Paul Wolfowitz - für die tief verunsicherte Institution in Washington ist das eine große Chance, vielleicht sogar ihre letzte.

Die Weltbank mag die Führungskrise fürs Erste beendet haben, ihre Sinnkrise ist noch nicht vorüber. Die begann schon lange vor Wolfowitz und hat vor allem mit dem ökonomischen und politischen Wandel in der Welt zu tun: dem Aufstieg Asiens, der Entwicklung der Finanzmärkte und der Entfremdung zwischen Europa und den Vereinigten Staaten während der Ära George Bush.

Die Funktion der internationalen Entwicklungsbank

Manche halten die Bank bereits jetzt für überflüssig: China, Brasilien und Indien bekommen bei gewöhnlichen Banken jeden Kredit, den sie wollen, die Ärmsten der Welt brauchen weniger Kredite als vielmehr direkte Hilfe. Wozu also noch eine teure internationale Entwicklungsbank, die zudem immer wieder für Ärger sorgt?

Die Antwort muss Zoellick in den kommenden Monaten geben. Die Antwort müssen auch die Europäer geben, die Zoellicks Vorgänger - zu Recht - gestürzt haben. Zum Teil ist es eine Frage des Führungsstils: Hört der neue Präsident, anders als Wolfowitz, auf die Experten der Bank und deren Anteilseigner?

Vermeidet er den Fehler von Wolfowitz, sich mit Beratern aus dem Bush-Lager einzuigeln? Werden die Europäer Zoellick unterstützen und zeigen, dass sie wirklich an einer Reform interessiert sind?

Weniger Bank und mehr Wissensorganisation

Die Weltbank wird sich künftig weniger dadurch definieren, wie viel Geld sie für den Bau von Staudämmen und Straßen verleiht, sondern durch ihre Kernkompetenz, die geballte Erfahrung ausgewiesener internationaler Entwicklungsexperten. Anders gewendet: Die Bank wird dann Erfolg haben, wenn sie weniger Bank als vielmehr Wissensorganisation ist, wenn sie ihre Kapazitäten auf die ärmsten Länder in Afrika konzentriert, wenn sie weniger Kredite vergibt und mehr direkte Hilfe zur Armutsbekämpfung leistet.

Die Bank muss ihre Legitimität sichern, indem die Machtverhältnisse in den Gremien den Realitäten in der Welt angepasst werden: Aufstrebende Länder wie Indien und Brasilien brauchen mehr Einfluss, die Ärmsten der Armen mehr Mitsprache.

Dabei geht es um weit mehr als um die Weltbank selbst. Zur Debatte steht, ob und wie "der Westen'', also die Demokratien Europas und Nordamerikas, heute noch Einfluss in der Welt ausüben.

Die neo-konservative Antwort auf das Ende des Kalten Krieges - unilaterale Machtausübung - ist gescheitert, und niemand repräsentiert so sehr dieses Scheitern wie Paul Wolfowitz, im Irak und in der Weltbank. Zoellick könnte für einen anderen Weg stehen, für Kompromisse und für bindende internationale Regeln.

Die Weltbank hat in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, fragwürdige Projekte finanziert und Diktatoren hofiert. Aber sie hat einen großen Vorteil: Als internationale Organisation kann sie zumindest theoretisch unabhängig von kurzfristigen nationalen Interessen handeln. Darauf muss Zoellick dringen. Er sollte den Kampf seines Vorgängers gegen Korruption fortsetzen, aber mit den geeigneten Mitteln.

Venezuelas Präsident Hugo Chavez hat eine "Bank des Südens'' gegründet, über die er die Ölmilliarden seines Landes in politisch genehme Projekte lenkt. Die Volksrepublik China betreibt mit ihrer Entwicklungshilfe in Afrika knallharte Rohstoffpolitik.

Der Westen hat oft genug seine Interessen in der Dritten Welt rigoros durchgesetzt. Doch im Prinzip gibt es keine Alternative zu einer multilateralen Entwicklungspolitik. Die Geldgeber sollten sich jetzt an ihren eigenen Ansprüchen messen. Der Wechsel in der Weltbank wäre dazu eine Chance.

© SZ vom 26.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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