Neuer IWF-Präsident:Der letzte Europäer

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Dominique Strauss-Kahn will den IWF glaubwürdig machen und muss dazu die Dominanz seines Heimat-Kontinents beenden.

Michael Kläsgen

Dominique Strauss-Kahn ist der vierte Franzose, der den 1944 in Bretton Woods gegründeten Internationalen Währungsfonds (IWF) leiten wird.

Seine Nominierung zum Nachfolger des Spaniers Rodrigo de Rato in der Nacht zum Samstag galt als Formsache. Die USA, die EU und viele Schwellenländer unterstützen die Kandidatur Strauss-Kahns.

Der 58-jährige Ökonom und Sozialdemokrat kündigte an, die in einer Identitäts- und Legitimitätskrise steckende Institution reformieren zu wollen.

Der in Marokko geborene ehemalige französische Wirtschafts- und Finanzminister will Entwicklungs- und Schwellenländer aufwerten, und zwar nicht nur, indem er ihnen mehr Stimmrechte verschafft. Er will auch die "Dynamik der Entscheidungsfindung" ändern.

Noch so wie zum Ende des Zweiten Weltkriegs

Bisher funktioniert der IWF, der unter anderem Kredite an in Zahlungsschwierigkeiten geratene Länder vergibt, noch so, als habe sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nichts verändert.

China muss sich trotz seiner wirtschaftlichen Macht und seinen 1,4 Milliarden Einwohnern mit 3,66 Prozent der Stimmen begnügen. Und der gesamte afrikanische Kontinent bescheidet sich mit zwei Sitzen, während Deutschland, Frankreich und Großbritannien jeweils einen beanspruchen.

"DSK", wie Strauss-Kahn genannt wird, will dem Fonds, dessen Mitgliederzahl von 45 auf 185 gestiegen ist, seine Glaubwürdigkeit zurückgeben. Nach seinen Worten hängt davon das Überleben der Institution ab.

Neue Finanzquellen

Um sie wieder handlungsfähig zu machen, wird er neue Finanzquellen anzapfen müssen. Einen Teilverkauf der Goldreserven des Fonds schließt er nicht aus. Seine Mission wird er aber vor allem dann erfüllt haben, wenn er dafür sorgt, der vorerst letzte Europäer an der Spitze des IWF zu sein.

Bisher vergaben die den Posten unter sich, während stets ein Amerikaner die andere Bretton-Woods-Organisation, die Weltbank, leitet.

Strauss-Kahn versprach bei seiner Bewerbung, die gesamte Mandatszeit von fünf Jahren in Washington zu bleiben, nachdem seine Vorgänger Horst Köhler und Rodrigo de Rato sich bereits nach drei Jahren verabschiedet hatten.

Hält er sein Versprechen, scheidet er 2012 in Frankreich als Präsidentschaftskandidat der Sozialisten aus. Das könnte im Kalkül des derzeitigen konservativen Staatschefs Nicolas Sarkozy gelegen haben, als er Strauss-Kahn als IWF-Kandidaten vorschlug.

In seiner Partei nicht mehr mehrheitsfähig

Innerhalb seiner Partei ist der überzeugte Marktwirtschaftler Strauss-Kahn andererseits bisher nicht mehrheitsfähig gewesen. Womöglich hat er mit dem gut dotierten Posten in Washington (495.000 Dollar steuerfrei pro Jahr) einen Schlussstrich unter seine politischen Ambitionen gezogen.

Als Wirtschafts- und Finanzminister regte der Deutschlandfreund und überzeugte Europäer 1999 an, die Stimmen Frankreichs und Deutschlands beim IWF zusammenzulegen. Daraus wurde nichts. Nun kann er von Washington aus die Initiative erneuern. Er könnte noch die Briten mit ins Boot holen und den Stimmenanteil der drei zugunsten von Schwellenländern reduzieren.

Doch das ist Wunschdenken: Der Kandidat der EU müsste mit erbittertem Widerstand aus den europäischen Hauptstädten rechnen. DSK wäre nicht der Erste, der mit seinen Reformplänen scheitert.

© SZ vom 29.9.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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