Neuer EU-Plan:Reiche Fußballklubs sollen ärmeren Geld überlassen

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Brüssel sorgt für Aufsehen: Die EU-Kommission will die Fernseheinnahmen unter den europäischen Fußballklubs gerechter verteilen. Auch deutsche Vereine könnten profitieren.

Alexander Hagelüken

Jan Figel ist als EU-Kommissar bisher kaum aufgefallen. Spektakuläre Initiativen des zuständigen Komissars für Bildung, Jugend und Sport gab es bisher nicht. Nun allerdings mischt sich der Slowake in die Auseinandersetzung um die Zukunft des europäischen Profifußballs ein.

(Foto: N/A)

Figels ,,Weißbuch Sport'', das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, dürfte für Aufsehen sorgen. Das interne Papier, Vorstufe zu einem Gesetz, unterstützt die Masse der finanzschwachen Vereine im Kampf gegen die Dominanz einiger superreicher Klubs.

In Spanien und Italien dürfen Teams ihre Fernsehrechte selbst verkaufen. Dadurch nehmen Topvereine wie Real Madrid oder Champions-League-Gewinner AC Mailand 100 bis 150 Millionen Euro im Jahr ein. In Deutschland und den meisten anderen Staaten vermarkten die Verbände die TV-Rechte zentral und verteilen die Einnahmen zwischen Groß und Klein.

Klagen aus Bayern

Die Folge: Selbst ein Spitzenklub wie Bayern München kassierte vergangene Saison nur 15 Millionen Euro, Real zehn Mal so viel. ,,Gegen Spanien oder Großbritannien fallen die anderen Ligen zurück'', klagte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge schon vor Monaten. Dadurch konzentrieren sich die absoluten Spitzenspieler meist auf wenige Teams wie Real, Milan, Barcelona oder Chelsea, die den europäischen Wettbewerb Champions League zunehmend unter sich ausmachen.

In Brüssel wird das inzwischen kritisch gesehen. ,,Die Kommission hält es für wichtig, die Einnahmen zwischen den Vereinen fair aufzuteilen'', heißt es in Figels Weißbuch, das noch im Juli präsentiert werden soll. Die nationalen Verbände sollen sich um Solidarität zwischen Groß und Klein kümmern. ,,Die zentrale Vermarktung von Fernsehrechten kann ein wichtiges Instrument sein, um Einnahmen umzuverteilen'', schreiben Figels Experten.

Das dürfte Bayern-Boss Rummenigge gefallen. Denn damit schreibt Brüssel die zentrale Vermarktung zwar nicht vor. Die Kommission unterstützt aber den neuen UEFA-Präsidenten Michel Platini, der die nationalen Verbände zu einer gerechteren Verteilung der Gelder drängt - entweder durch zentrale Vermarktung oder andere Mechanismen.

Der ehemalige Fußball-Star Platini wünscht von der EU Rechtssicherheit, damit Vereine wie Real Madrid die Umverteilung nicht per Klage kippen können. Figels Vorstoß hilft Platini. ,,Wir freuen uns, dass die Kommission die UEFA und die Vereine unterstützen will'', sagte Rummenigge der SZ am Freitag.

Unseriöse Vermittler

Näher sieht sich der Bayern-Boss auch einem zweiten Ziel: Den Einfluss reicher Gönner auf den europäischen Fußball zu begrenzen. Der russische Oligarch Roman Abramowitsch etwa steckt so viele Millionen in Chelsea London, dass der Klub ohne Rücksicht auf seine normalen Einnahmen Spitzenspieler einkaufen kann. Der Klub gehört dem Russen.

Chelsea gibt nach Rummenigges Angaben 220 Millionen Euro im Jahr aus, verdient durch Zuschauer- und Fernsehgelder aber nur 20 Millionen. Den Wettbewerbsvorteil durch die Finanzspritze von Abramowitsch will Rummenigge umgehen. Er fordert eine Obergrenze für die Gehälter der Spieler, die einen bestimmen Prozentsatz vom Umsatz nicht überschreiten soll, einen sogenannten Salary Cap.

Kommissar Figel greift die Forderung zumindest indirekt auf, weil er ein strenges Lizenzsystem vorschlägt. Das EU-Parlament definierte die Kostenkontrolle per Salary Cap im März als entscheidenden Bestandteil des Lizenzsystems. ,,Die Kommission ist auf dem Weg zu guten Leitlinien für den Sport'', sagte der Europa-Abgeordnete Alexander Radwan (CSU). Allerdings sei ihm manches in Figels Weißbuch, dem bald Gesetze folgen können, ,,zu zaghaft''.

Auf Ärger aus Brüssel müssen sich unseriöse Spielervermittler einstellen, die den Profi-Fußball in den vergangenen Jahren durcheinandergewirbelt haben. ,,Es gibt Berichte über Korruption, Geldwäsche und Ausbeutung Minderjähriger durch Vermittler'', schreiben Figels Fachleute. ,,Solche Praktiken schaden dem Sport.'' Brüssel sei schon mehrfach aufgefordert worden, das Geschäft der Agenten gesetzlich zu regeln. Figel will in den nächsten Monaten prüfen, ob Brüssel unseriösen Vermittlern per Gesetz das Handwerk legt.

© SZ vom 30.06.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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