Neuer DIHK-Chef:Ein Mann, ein Wort

Lesezeit: 3 min

Ein Mann der schnellen Entscheidungen: Hans Heinrich Driftmann führt künftig den Deutschen Industrie- und Handelskammertages an - und wird damit einer der Spitzenlobbyisten in Berlin.

Thomas Öchsner

Hans Heinrich Driftmann ist ein Mann, der am liebsten sagt, was er denkt. Der neue Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) bevorzugt klare Worte. Er spricht gerne in Bildern und formuliert dann zum Beispiel solche Sätze: "Das, was wir mobilisieren, sind ja nicht die himmlischen Heerscharen." Und meint damit die Arbeit der Kammer. Oder er sagt, auf die Gehälter von Top-Managern angesprochen: "Wenn es keine Regelungen gibt, ist das noch keine Aufforderung, zum Ferkel zu werden."

Hans Heinrich Driftmann führt künftig den DIHK an. (Foto: Foto: AP)

Schwerer fällt es ihm, zu reden und dabei möglichst wenig zu sagen. Man hört dann immer noch so viel heraus, dass eigentlich klar ist, was Driftmann wirklich meint. Etwa beim Thema Opel: Ja, sagt er, die 25.000 Opelaner, die hätten natürlich sein Mitgefühl. Aber es sei nicht zu verantworten, "Unternehmen zu retten, die über viele Jahre hinweg Überkapazitäten aufgebaut und konzeptionelle Fehler gemacht haben". Das heißt so viel wie: Eigentlich hält Driftmann von Staatshilfen für Opel überhaupt nichts. Oder zum Beispiel seine Äußerung zu Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU). "Frau Schavan", sagt Driftmann, der Vorsitzender des DIHK-Bildungsausschusses war, "hat sich viel Mühe gegeben". Das klingt in etwa so, als ob er sie in einem Zeugnis allenfalls mit einer Drei minus benoten würde.

Um sieben im Büro

Anfang der Woche in Elmshorn in Schleswig-Holstein: Driftmann, den die Vollversammlung des DIHK an diesem Donnerstag in Berlin zum neuen Präsidenten kürte, hat Journalisten aus der Hauptstadt in seine Heimat eingeladen. Diejenigen, die über seine künftigen Auftritte in Berlin berichten werden, sollen ihn kennenlernen. Der 61-Jährige ist - wie sein Vorgänger Ludwig Georg Braun - Familienunternehmer. Driftmann führt als persönlich haftender Gesellschafter Peter Kölln, Deutschlands größten Haferflockenhersteller. Viele nennen ihn deshalb den "Flockenkönig".

Etwa 5000 Verbände, Stiftungen, Unternehmen oder Beratungsagenturen versuchen, in Berlin Abgeordnete, Regierung und deren Mitarbeiterstäbe zu beeinflussen. Als DIHK-Präsident, der 3,6 Millionen Betriebe vertritt, wird Driftmann einer der Spitzenlobbyisten in der Hauptstadt sein - und direkter Gesprächspartner der Kanzlerin und des Wirtschaftsministers. Driftmann fühlt sich für diesen Job stark genug. Es sei, sagt er beim Mittagessen, "weit davon entfernt, polternd zu sein". Er hält es aber für möglich, in Situationen zu kommen, "in denen ich sehr deutlich werden kann". Dem Vater von vier Töchtern macht es nichts aus, sich auch mal unbeliebt zu machen, egal ob er die Pflichtmitgliedschaft von gewerblichen Unternehmen in den Kammern verteidigt, für einen Zusammenschluss der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein kämpft oder die Gier nach exorbitanten Gewinnen geißelt. Er weiß dabei, wovon er spricht: Driftmann sitzt im Aufsichtsrat der angeschlagenen HSH Nordbank, die sich mit US-Kreditpapieren verzockte.

Vorliebe für dunkle Zweireiher

Der neue DIHK-Präsident ist ein freundlicher weißhaariger Herr, mit einer gewissen Vorliebe für dunkle Zweireiher mit Goldknöpfen. Morgens um sieben Uhr ist der Oberst der Reserve gerne schon im Büro, in dem Ölgemälde von alten Marineschiffen hängen - für seine vielen Ehrenämter soll genug Zeit bleiben.

1970 hatte Driftmann die Tochter des Mehrheitseigners geheiratet. Nach seinem Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften war er bei der Bundeswehr und im Verteidigungsministerium tätig. Seit 1990 leitet der Mann, der einmal Pastor werden wollte, Kölln-Flocken - offenbar mit Erfolg. Trotz rasant gestiegener Haferpreise, Discountern mit billigen Eigenkreationen und großen Konkurrenten wie Kellogg oder der Oetker-Gruppe, werden in Millionen deutschen Haushalten Produkte des Traditionsunternehmens gegessen. 1820 begann der Namensgeber Peter Kölln, Walfängerflotten mit Schiffszwieback zu versorgen. Heute liefert die Elmshorner Dynastie neben dem Hauptprodukt Haferflocken ("Blütenzart"), Müslis, Haferkekse oder Babyflocken in 13 Länder. Etwa 80 Millionen Euro setzt das Unternehmen um, das Driftmann durch Übernahme von Marken wie Biskin, Livio oder Palmin deutlich vergrößert hat.

Der Firmenchef kann sehr schnell entscheiden, sucht aber den langfristigen Erfolg. "Wir denken nicht in Quartalsergebnissen." Deswegen kommt für ihn auch kein Börsengang in Frage: "Damit würden wir den Charakter als Familienunternehmen verlieren." Dazu gehört auch die Art, wie bei Kölln die knapp 300 Mitarbeiter behandelt werden. Wenn sich einer finanziell übernommen hat, helfe die eigene Stiftung, erzählt Driftmann. Seit 1932 habe es keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben. Und darauf, das spürt man in diesem Augenblick, ist der Unternehmer richtig stolz.

© SZ vom 27.03.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: