Neue Doppelspitze:Machtkampf um EADS-Führung beendet

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Nach Intervention des Großaktionärs DaimlerChrysler wird Gustav Humbert als erster Deutscher Chef von Airbus. Um die Besetzung der Spitzenposten bei dem weltgrößten Flugzeughersteller und der Konzernmutter EADS war monatelang gerungen worden.

Von Gerhard Bläske und Sibylle Haas

Die beiden Verwaltungsratschefs der EADS und Vertreter der Großaktionäre DaimlerChrysler und Lagardère, Manfred Bischoff und Arnaud Lagardère, hatten sich am Donnerstag in München geeinigt.

Insider glauben, dass Airbus seinen US-Konkurrenten Boeing zuletzt unterschätzt hat. Ob das neue Riesenflugzeug A380 dazu beigetragen hat? (Foto: Foto: AP)

Am Freitag präsentierten sie ihre Lösung dann Frankreichs Finanzminister Thierry Breton, bevor die Entscheidung am Samstag in einer Telefonkonferenz endgültig fiel.

Thomas Enders und Noël Forgeard wurden mit sofortiger Wirkung zu gleichberechtigten Vorstandschefs der EADS berufen. Ihre Verträge laufen fünf Jahre. Die bisherige EADS-Spitze Rainer Hertrich und Philippe Camus war Ende 2004 wegen eines Führungsstreits zurückgetreten.

Gleichzeitig wurde Gustav Humbert als Nachfolger Forgeards zum neuen Airbus-Chef ernannt. Neuer Chef der Verteidigungssparte wird Stefan Zoller, der in dieser Funktion Enders ablöst.

Enge Abstimmung zwischen Lagardère und DaimlerChrysler

Bischoff sagte der Süddeutschen Zeitung: "Die enge Abstimmung zwischen Lagardère und DaimlerChrysler hat letztlich dazu geführt, dass wir eine partnerschaftliche und hervorragende Lösung gefunden haben."

Lagardère hält 15 Prozent der Anteile, DaimlerChrysler ist mit einer Beteiligung von 30 Prozent größter Einzelaktionär. Dass sich die seit mehreren Wochen erwartete Berufung so lange herauszögerte, lag an Unstimmigkeiten über die Machtbefugnisse sowie die Besetzung weiterer Management-Posten - nicht nur zwischen Deutschen und Franzosen, sondern auch unter den Franzosen selbst.

Die unverhohlenen Machtansprüche des bisherigen Airbus-Chefs Forgeard scheiterten jedoch am Veto von DaimlerChrysler. Forgeard hat die Unterstützung des französischen Staates, der mit 15 Prozent an der EADS beteiligt ist.

Französisches Übergewicht angestrebt

Er wollte Ende 2004 die deutsch-französische Doppelspitze kippen, alleiniger EADS-Chef werden und zudem den französischen Thales-Konzern übernehmen, wodurch Frankreich ein Übergewicht in dem Unternehmen gewonnen hätte.

Bischoff, Delegierter für Luft- und Raumfahrt von DaimlerChrysler, hatte die Beteiligung des Staates vor Jahren als "Kröte, die wir im Zusammenhang mit der Bildung des deutsch-französischen Konzerns schlucken mussten", bezeichnet.

Er kritisierte zuletzt das Machtstreben Forgeards und warnte vor einem nationalen Ungleichgewicht in der operativen Führung. Bischoff handelte nach SZ-Informationen stets in enger Abstimmung mit DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp. Dieser soll sich in den vergangenen Tagen selbst in die Verhandlungen eingeschaltet und auf eine Entscheidung bis Ende der Woche gedrängt haben. Auch die Bundesregierung hatte sich für ein schnelles Ende des Streits eingesetzt.

Andere Weisungsbefugnisse

Die nun gefundene Lösung bedeutet einen weitgehenden Sieg des deutschen Aktionärs. Den Franzosen fiel es insbesondere schwer, einen Deutschen als Airbus-Chef zu akzeptieren. Als Zugeständnisse an Paris gelten die Berufung Forgeards zum Vorsitzenden des Gesellschafterausschusses bei Airbus und eine Änderung der Berichtswege.

So sollen künftig die Sparten Raumfahrt (François Auque), Airbus (Humbert) und Finanzen (Hans-Peter Ring) an Forgeard, Hubschrauber (Fabrice Brégier), Marketing und Strategie (Jean-Paul Gut) sowie Verteidungs- und Sicherheitssysteme (Zoller) an Enders berichten. Bisher galt das Prinzip, dass ein Franzose an einen deutschen Vorstands-Chef und ein Deutscher an einen französischen Vorstands-Chef berichtet.

DaimlerChrysler widersetzte sich erfolgreich dem französischen Wunsch, einen verkleinerten Kernvorstand zu bilden oder nationale Einflusszonen innerhalb der EADS abzustecken.

Neuer Geschäftsbereich Hubschrauber

Neu berufen wurde auch das neunköpfige Executive Committee. Aufgelöst wird der bisherige Geschäftsbereich Luftfahrt. Der neue Geschäftsbereich Hubschrauber wird von Eurocopter-Chef Fabrice Brégier geleitet, der in der Hierarchie aufsteigt.

Aus hochrangigen Unternehmenskreisen in dem mit einem Umsatz von 32 Milliarden Euro und 110.000 Mitarbeitern größten europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern war zu hören, man sei zufrieden mit der Lösung. "Manchmal müsse es Ärger geben, "damit klar ist, dass bestimmte Dinge einfach nicht gehen", sagte ein Manager.

Insider meinen, die EADS habe sich in den vergangenen Monaten im Machtkampf verzettelt und mit wichtigen Entscheidungen wie dem neuen Langstreckenflugzeug A 350 zu viel Zeit gelassen. Konkurrent Boeing sei unterschätzt worden. Zudem sei die EADS im Handelsstreit um Subventionen ins Hintertreffen geraten.

© SZ vom 27.06.05 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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